Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

204 8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 
den Kommandeur, der die Beratung geleitet hat, aufzufordern, seine 
Verabschiedung zu beantragen; im Weigerungsfalle ist seitens des 
Kommandeurs der Antrag darauf unter Beifügung des Beratungsproto- 
kolls und des ärztlichen Gutachtens im dienstlichen Wege dem Kon- 
tingentsherrn einzureichen !). 
Die Befugnis, die Armee- resp. Regimentsuniform zu tragen, wird 
bei der Verabschiedung besonders verliehen; bestimmte Regeln, unter 
welchen Voraussetzungen dieses Recht verliehen wird, sind nicht auf- 
gestellt worden. In der preußischen Armee ist es üblich, daß bei einer 
Dienstzeit von mindestens 10 Jahren das Tragen der Armeeuniform, 
bei einer Dienstzeit von 15 Jahren oder bei dem Ausscheiden infolge 
einer im Kriege erhaltenen Verwundung das Tragen der Regiments- 
uniform gestattet wird °), so daß die mit Pension verabschiedeten Offi- 
ziere regelmäßig diese Befugnis haben. Die Genehmigung ist von dem 
Bundesfürsten zu erteilen, von welchem die Offiziere desjenigen Kon- 
tingents ernannt werden, in dem der Verabschiedete zuletzt aktiv ge- 
dient hat’). 
Alle mit Pension verabschiedeten Offiziere können mit ihrer Zu- 
stimmung im Notfalle zu militärischen Diensten, zu welchen sie ihrem 
Gesundheitszustande nach geeignet sind, herangezogen werden‘). Die 
mit Pension verabschiedeten Offiziere werden deshalb zu den Militär- 
personen gezählt; das Militärstrafgesetzbuch findet auf dieselben An- 
wendung, soweit dies der Natur der Sache nach möglich ist’); sie 
unterlagen sogar dem Militärgerichtsstande®), bis das Reichsgesetz vom 
3. Mai 1890 (Reichsgesetzbl. S. 63) dieses Sonderrecht aufgehoben hat, 
und — falls sie das Recht haben, die Militäruniform zu tragen — sind 
sie den Offizierehrengerichten unterstellt’). 
1) Kabinettsordre vom 7. Juli 1828 (bei v. Helldorff II, 1, S. 388). Daselbst sind 
die näheren Anordnungen über die Zusammensetzung der Kommissionen enthalten. 
Die Kabinettsordre ist ausgedehnt worden auf Landwehroffiziere, deren Bei- 
behaltung dem dienstlichen Interesse nachteilig sein würde, durch Kabinettsordre vom 
20. Oktober 1828 (ebendaselbst S. 39) und auf Militärärzte im Offizierrang durch 
die Verordnung vom 6. Februar 1873, $ 27 letzter Absatz (Armeeverordnungsbl. 1873, 
S. 113). 
2) v. Helldorff a. a. O. S. 41. 3) Militärgesetz $ 7, Abs. 2. 
4) Vgl. Militärpensionsgesetz $ 34. Diese Offiziere werden alljährlich befragt, 
ob sie geneigt sind, für den Fall einer Mobilmachung während des nächstfolgenden 
Jahres in den Dienst zu treten. Die Aufstellung und Einreichung von Listen dieser 
Offiziere gehört zu den jährlichen Mobilmachungsarbeiten. Sie haben ihren Wohnsitz 
bei dem betreffenden Generalkommando anzumelden. Vgl. v. Helldorff I, 4, S. 248. 
5) Koppmann, Das Militärstrafgesetzbuch des Deutschen Reichs 1875, S. 53. 
6) Militärstrafgerichtsordnung vom 3. April 1845, $ 1, Ziff. 3. Ebenso nach der 
bayer. Militärstrafgerichtsordnung vom 29. April 1869. 
7) Verordnung vom 2. Mai 1874, 8 4, Ziff. 5. Dagegen ist die Disziplinar- 
strafordnung nach $ 30 derselben auf verabschiedete Offiziere nicht an- 
wendbar. Sobald sie aber wieder im Militärdienste verwendet werden, finden selbst- 
verständlich die Disziplinarvorschriften auf sie volle Anwendung und dasselbe ist
	        
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