Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 108. Einfluß- d. Militärdienstverhältnisses auf andere Rechtsverhältnisse. 219 
und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht ist'). Ferner 
unterliegen der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit die Militärpersonen 
des aktiven Heeres und der aktiven Marine, sofern sie nicht 
dem Offizierstand angehören, wegen Amtsverbrechen oder 
Amtsvergehen, welche sie bei einstweiliger Verwendung im Zivildienste 
des Reichs oder einer Kommune begangen haben, wenn nicht mit 
der Handlung eine Zuwiderhandlung gegen die Militärstrafgesetze zu- 
sammentrifft?). 
2. Auf bürgerliche Rechtssachen der Militärpersonen 
erstreckt sich die Militärgerichtsbarkeit nicht; es finden vielmehr die 
allgemeinen Rechtsregeln auch auf Militärpersonen Anwendung. Der 
allgemeine Gerichtsstand derselben bestimmt sich daher durch ihren 
Wohnsitz?) Für die Frage aber, welcher Ort der Wohnsitz einer 
Militärperson sei, ist die Unterscheidung nach dem Rechtsgrund der 
Dienstpflicht von Belang. Durch die Erfüllung der gesetzlichen Wehr- 
pflicht wird ein Wohnsitz nicht begründet; Wehrpflichtige behalten 
daher, während sie im aktiven Dienst sich befinden, denjenigen W oh n- 
sitz, welchen sie nach ihren bürgerlichen Lebensverhältnissen haben. 
Derfreiwillige (berufsmäßige) Eintrittin den Militärdienst dagegen ist maß- 
gebend für die ganze Lebensstellung und alle Rechtsverhältnisse, und 
demgemäß haben solche Militärpersonen in Ansehung des Gerichts- 
standes ihren Wohnsitz am Garnisonorte, wofern sie überhaupt selb- 
ständig einen Wohnsitz begründen können). Wenn ein Truppenteil im 
Deutschen Reich keinen Garnisonort hat, so giltin Ansehung des Gericlıts- 
standes der letzte deutsche Garnisonort des Truppenteils als Wohnort 
der zu diesem Truppenteil gehörenden Militärpersonen 5). Für Militär- 
personen, deren Truppenteil sich im Ausland aufhält und im Inland 
einen Garnisonort weder hat noch gehabt hat, kann für Ange- 
legenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit ein im Inland belegener Ort 
als Garnisonort durch Kaiserl. Verordnung bestimmt werden). Der 
dienstliche Aufenthalt einer Militärperson außerhalb des Garnison- 
1) Militärstrafgerichtsordnung $ 2. Wenn an die Stelle der Geldstrafe Freiheits- 
strafe tritt, so ist der Vollzug mittelst Ersuchens der Militärbehörde (des Gerichts- 
herrn) zu bewirken; ebenso erfolgt die Umwandlung einer durch Strafbescheid einer 
Finanzbehörde festgesetzten Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe durch den zuständigen 
Gerichtsherrn. 
2) Daselbst $ 3. Inwieweit die Militärgerichtsbarkeit auf die vor dem Dienst- 
eintritt begangenen strafbaren Handlungen sich erstreckt, ist daselbst x 4—9 geregelt. 
3) Zivilprozeßordnung $ 13. 
4) BGB. 8 9. Ist der Garnisonort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird 
der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine 
Anordnung (d. h. nicht für den einzelnen Fall) bestimmt. Zivilprozeßordnung $ 14. 
5) BGB. $S 9, Abs. 1. Auch diese Vorschrift bezieht sich nur auf die berufs- 
mäßigen Militärpersonen. 
6) Reichsgesetz vom 28. Mai 1901, $ 8 (Reichsgesetzbl. S. 187). In Anwendung 
dieser Ermächtigung bestimmte der Kaiser durch Verordnung vom 16. November 1902 
Berlin als Garnisonort für das ostasiatische Expeditionskorps.
	        
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