Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 108. Einfluß d. Militärdienstverhältnisses auf andere Rechtsverhältnisse.. 223 
I. Ausschluß von öffentlichen Rechten und 
Pflichten. 
1. Wahlrecht. Für die zum aktiven Heere und zur Marine 
gehörigen Personen des Soldatenstandes ruht die Berechtigung zum 
Wählen sowohl in betreff des Reichstags als in betreff der einzelnen 
Landesvertretungen!'). 
2. Vereinsrecht. Den zum aktiven Heere gehörigen Militär- 
personen (also auch den Militärbeamten) ist die Teilnahme an poli- 
tischen Vereinen und Versammlungen untersagt ?). 
3. Gewerbefreiheit. Die Militärpersonen des Friedensstandes 
(also nicht die zum Dienst einberufenen Personen des Beurlaubten- 
standes) bedürfen zum Betriebe eines Gewerbes für sich und für die 
in Dienstgebäuden bei ihnen wohnenden Mitglieder ihres Hausstandes 
der Erlaubnis ihrer Vorgesetzten, sofern nicht das Gewerbe mit der 
Bewirtschaftung eines ihnen gehörigen ländlichen Grundstückes ver- 
bunden ist’). Auf die Militärbeamten und auf die Zivilbeamten der 
Militär- und Marineverwaltung finden außerdem die Vorschriften des 
8 16 des Reichsbeamtengesetzes Anwendung‘). Die Personen des Be- 
urlaubtenstandes sind von diesen Beschränkungen ausdrücklich aus- 
genommen °). 
4. Gerichtsdienste. Die dem aktiven Heere angehörenden 
Militärpersonen werden weder zu dem Amte eines Schöffen noch zu 
dem eines Geschworenen berufen ®). 
1) Militärgesetz $ 49, Abs. 1. Uebereinstimmend Wahlgesetz vom 31. Mai 1869, 
82. Vgl. oben Bd. 1, S. 311. Das Wahlgesetz erwähnt ausdrücklich auch die zur 
Marine gehörenden Personen des Soldatenstandes. 
2) Militärgesetz $ 49, Abs. 2. Daraus, daß sich dieses Verbot auf die Personen 
des Beurlaubtenstandes nicht erstreckt, folgt, daß dieselben wegen einer Teilnahme 
an politischen Vereinen und Versammlungen weder militärgerichtlich noch diszipli- 
narisch verfolgt werden können; ein ehrengerichtliches Verfahren gegen 
Offiziere des Beurlaubtenstandes wegen ihres Verhaltens in politischen Vereinen und 
Versammlungen ist jedoch keineswegs ausgeschlossen. Unberührt von der Vorschrift 
des 8 49 bleiben ferner die Bestimmungen in $ 101 und $ 113 des Militärstrafgesetz- 
buchs über die Versammlungen von Personen des Soldatenstandes behufs Beratung 
über militärische Angelegenheiten, Einrichtungen usw. 
3) Militärgesetz $43. Zu bemerken ist hierbei, daß das Militärgesetz keine Aus- 
nahme hinsichtlich der Mitglieder des Sanitätskorps und des Veterinärkorps macht; 
für die Ausübung der Zivilpraxis bedürfen dieselben daher — dem Gesetze nach — 
ebenfalls der Genehmigung ihrer Vorgesetzten. Das gleiche gilt von Militärmusikern, 
welche gewerbemäßig Musik machen. 
4) Siehe oben Bd. 1, S. 467. Zu erwähnen sind hier auch die Bestimmungen 
über literarische Veröffentlichungen von Offizieren im aktiven Dienst 
und von Militärbeamten. Kabinettsordre vom 23. Januar 1897 (Armeeverordnungsbl. 
S. 86). 
5) Wehrgesetz $ 15. Militärgesetz 8 61. 
6) Gerichtsverfassungsgesetz $ 34, Ziff. 9; $ 85, Abs. 2. Diese Bestimmungen 
finden auch auf Offiziere z. D. Anwendung. Die preuß. Verordnung vom 3. Januar 
1849, 8 63, Ziff. 4 befreite vom Geschworenendienst „die im aktiven Dienst befind-
	        
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