Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

308 $ 112. Die Kriegsleistungen. 
2. Hergabe der Schiffe usw. zu Eigentum. 
Zum Zwecke der Hafen- und Flußsperren kann die Militärver- 
waltung die Besitzer von Schiffen usw. zur Abtretung des Eigentums 
daran nöligen. In diesem Falle ist den Expropriüerten der volle 
Wert der ihnen entzogenen Schiffe aus den bereitesten Beständen der 
Kriegskasse bar zu bezahlen. In Ermangelung einer Einigung über 
die Höhe der zu gewährenden Vergütung wird dieselbe durch die 
Abschätzung Sachverständiger nach Maßgabe des 8 33 des Gesetzes 
festgestellt ?). 
VI. Kriegsleistungen der Besitzer von Pferden. 
1. Inhalt der Last. Alle Pferdebesitzer sind verpflichtet, ihre 
zum Kriegsdienst für tauglich erklärten Pferde zur Beschaffung und 
Erhaltung des kriegsmäßigen Pferdebedarfs der Armee der Mili- 
tärverwaltung zu überlassen. Befreit hiervon sind nur die Mitglieder 
der regierenden deutschen Familien ?), die Gesandten fremder Mächte 
und das Gesandtschaftspersonal, ferner die Beamten im Reichs- oder 
Staatsdienste hinsichtlich der zum Dienstgebrauch, sowie Aerzte und 
Tierärzte hinsichtlich der zur Ausübung ihres Berufes notwendigen 
Pferde, endlich die Posthalter hinsichtlich derjenigen Pferdezahl, welche 
von ihnen zur Beförderung der Posten kontraktmäßig gehalten werden 
muß). Alle anderen Befreiungen, gleichviel auf welchem Rechtstitel 
sie beruht haben, sind aufgehoben. 
Die »Ueberlassung« der Pferde ist ihrem juristischen Charakter 
nach kein Verkauf, sondern ein Dulden der Enteignung. Deshalb 
haften die Pferdebesitzer weder für die Kriegsbrauchbarkeit der aus- 
gehobenen Pferde noch für heimliche Mängel derselben, und sie sind 
zur Zurücknahme auch dann nicht verpflichtet, wenn Krankheiten der 
Pferde in bestimmter Frist zutage treten, welche nach dem Bürger- 
lichen Gesetzbuch zur Rückgängigmachung des Kaufes berechtigen 
würden *). Andererseits befreit der Abschluß eines Verkaufes der Pferde 
den Besitzer derselben nicht von Erfüllung der Last, solange die Pferde 
nicht wirklich übergeben sind. Dagegen tritt die Enteignung nicht ein 
hinsichtlich aller derjenigen Pferde, welche an die Militärverwaltung 
oder an Offiziere, Militärärzte oder Militärbeamte, welche sich ihre 
Mobilmachungspferde selbst beschaffen müssen, verkauft worden sind. 
1) Kriegsleistungsgesetz $S 24. Vgl. Ausführungsverordnung Art. 11a, Ziff. 1. 
2) Nach einem Erlaß des preuß. Ministeriums des Innern und des Kriegsministers 
vom 4. Dezember 1894 (bei Reger Bd. 15, S. 229) erstreckt sich diese Befreiung nur 
auf die zum persönlichen Gebrauch bestimmten Pferde, dagegen nicht auf die in 
Wirtschaftsbetrieben verwendeten. 
3) Kriegsleistungsgesetz $ 25. Vgl. Naturalleistungsgesetz $ 3. 
4) Bei freihändigem Ankauf der Mobilmachungspferde treten die Vorschriften 
des BGB.s $ 481 ff. und der Verordnung vom 27. März 1899 wegen Gewährleistung 
in Anwendung.
	        
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