Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 114. Der Reichsfiskus. 338 
verwaltung Geschäfte des Landesfiskus sind, eine Bedeutung haben. 
Würde die Reichsverfassung davon ausgehen, daß die Kontingentsver- 
waltung in Stellvertretung des Reichsfiskus geführt wird, so wäre diese 
Bestimmung zum mindesten überflüssig. Denn daß Ersparnisse, welche 
die Reichskasse macht, ihr zufallen, brauchte doch nicht ausdrück- 
lich zum Verfassungsgesetz erhoben zu werden'!. Für Württemberg 
ist durch Art. 12 der Militärkonvention die entgegengesetzte Bestim- 
mung getroffen worden, daß Ersparnisse zur Verfügung Württembergs 
bleiben. Dies ist aber mit der Annahme, daß die Finanzverwaltung 
des württembergischen Kontingents vom Reichsfiskus geführt werde, 
unvereinbar?). Der Art. 12 cit. sagt auch ausdrücklich: »Die könig- 
lich württembergische Regierung bestreitet den Aufwand für 
die Unterhaltung des königlich württembergischen Armeekorps — — — 
inselbständiger Verwaltung.« 
In unzweideutiger Weise geht ferner aus den Militärkonventionen 
hervor, daß die finanzielle Verwaltung der Kontingente Sache der Ein- 
zelstaaten ist. So heißt es in der hessischen Militärkonvention 
von 1871, Art. 16: »Die nach dem Militäretat zur Unterhaltung des 
hessischen Kontingents bestimmten Beträge werden der königlich 
preußischen Militärverwaliung zur Verfügung gestellt, wogegen 
diese die Verpflichtung übernimmt, sämtliche Bedürfnisse 
des hessischen Kontingents zu bestreiten«®). Im Art. 19 derselben 
Konvention übernimmt die preußische Militärverwaltung die der 
großherzoglich hessischen Militärverwaltung obliegenden Pensionsver- 
pflichtungen *). Nach Art. 21 derselben Konvention tritt die preußi- 
sche Militärverwaltung in laufende Lieferungs- und Mietsverträge 
ein’). Nach Art. 5 des Schlußprotokolls sind die zur Abwicklung der 
1) Art. 67 der Reichsverfassung beruht auf dem letzten Satz des Art. 9 der 
„Grundzüge einer neuen Bundesverfassung“ vom 10. Juni 1866. Derselbe lautet: 
„JedeRegierung leistetselbst die Auslagen für die vonihr gestellten 
Truppen, vorbehaltlich gemeinsamer Abrechnung nach Maßgabe der Beitragspflicht. 
Ersparnisse an dem Militärbudget .. .. fallen unter keinen Umständen der einzelnen 
Regierung, welche sie macht, sondern dem... gemeinsamen Kriegsschatze zu.“ 
HänelS. 512 sucht die Bedeutung des Art. 67 der Reichsverfassung dadurch zu 
verdunkeln, daß er die Weglassung des ersten Satzes des Art. 9 besonders be- 
tont und überdies den Satz des Art. 67 als einen „negativen“ bezeichnet. Das letztere 
ist unzweifelhaft falsch, denn der Art. 67 formuliert seine Anordnung sowohl in 
negativer als auch in positiver Wendung („fallen jederzeit der Reichskasse zu“), 
Warum aber bei der Redaktion des Art. 67 der Reichsverfassung die Fassung des 
Art. 9 der Grundzüge eine Kürzung erfahren hat, darüber kann man sehr verschiedene 
Vermutungen aufstellen; zur Annahme, daß es aus den von Hänel aufgestellten 
theoretischen Gründen geschehen sein sollte, liegt nicht der geringste Anhalts- 
punkt vor. 
2) Siehe über diese Bestimmung Jehle im Arch. f. öffentl. Recht Bd. 17 S. 267 ff. 
3) Aehnlich Militärkonvention mit Baden Art. 1; mit Oldenburg Art. 1u. 21. 
4) Vgl. Militärkonvention mit Baden Art. 17; mit Oldenburg Art. 20, Abs. 3, 
5) Aehnlich Baden, Schlußprotokoll Ziff. 11; Oldenburg, Schlußprotokoll 
Ziff. 6.
	        
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