Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 115. Das aktive Reichsvermögen. 349 
liche Verordnung festzustellen ). Diese Verordnung ist unter dem 
22. Januar 1874 ergangen’). Sie verfügt die Niederlegung des Schatzes 
in dem Juliusturm der Zitadelle von Spandau und die Einsetzung 
einer Rendantur und eines vom Reichskanzler zu bestellenden Kura- 
tors behufs Rechnungsführung und Beaufsichtigung. Sie regelt die 
Rechnungsführung, Buchführung und Revision der Bestände und trifft 
Anordnungen, um jede Gefährdung oder mißbräuchliche Verwendung 
des Schatzes zu verhüten. 
3. Die Verwaltung ist unter die Kontrolle der Reichsschuldenkom- 
mission gestellt; dieselbe erhält von dem Reichskanzler alljährlich 
eine Nachweisung über den Bestand des Reichskriegsschatzes und 
außerdem in kürzester Frist Mitteilung von allen in Ansehung dessel- 
ben ergehenden Anordnungen und vorkommenden Veränderungen. 
Sie hat die Befugnis, sich von dem Vorhandensein und der sicheren 
Aufbewahrung der Bestände des Reichskriegsschatzes Ueberzeugung 
zu verschaffen’. Zu diesem Zwecke hat der Kurator die Reichsschul- 
denkommission zu den jährlich vorzunehmenden Revisionen einzula- 
den, und er ist verpflichtet, so oft die Kommission es außerdem für 
nötig findet, sich von dem Vorhandensein und der sicheren Aufbewah- 
rung des Schatzes Ueberzeugung zu verschaffen, das hierzu Erforder- 
liche zu veranlassen *.. Die Reichsschuldenkommission hat dem Bun- 
desrate und dem Reichstage bei deren regelmäßigem jährlichen Zu- 
sammentritt Bericht zu erstatten?). 
4. Der Reichskriegsschatz hat keine laufenden Einnahmen, da er 
in gemünztem Gelde deponiert ist‘); er kann daher in keinem Falle 
über den gesetzlich fixierten Betrag hinaus anwachsen. Aber auch im 
Falle einer eingetretenen Verminderung ist die Wiederherstellung des- 
selben durch gesetzlich feststehende Einnahmen nicht gesichert. Nur 
solche Einnahmen des Reichs sind zu seiner Wiederherstellung zu 
verwenden, welche aus anderen als den im Reichshaushaltsetat auf- 
geführten Bezugsquellen fließen’. Hierher gehören die sogenannten 
»außerordentlichen« Einnahmen der einzelnen Reichsverwaltungen 
nicht, denn sie sind im Etat vorgesehen. Da nun der Fall, daß der 
Reichsfiskus durch Schenkungen, Erbschaften, Vermächtnisse usw. 
bare Kapitalien erwirbt, praktisch nicht leicht vorkommt, so ist wohl 
nur daran zu denken, daß nach einem glücklich beendigten Kriege 
— 
1) Gesetz vom 11. November 1871, $ 3, Abs. 1. 
2) Reichsgesetzbl. 1874, S. 9 ff. Die Bestimmung in $ 2 ist aufgehoben worden 
durch die Verordnung vom 31. März 1897 (Reichsgesetzbl. S. 169). 
3) Gesetz vom 11. November 1871, $ 3, Abs. 2. 
4) Verordnung vom 22. Januar 1874, $ 15. 
5) Gesetz vom 11. November 1871, $ 3, Abs. 3. 
6) Unter „Geld“ sind nur die reichsgesetzlich anerkannten Zahlungsmittel 
zu verstehen. Vgl. oben 8 76. Ausgeschlossen sind daher nicht bloß Metallbarren 
und Reichskassenscheine, sondern auch ausländische Gold- und Silbermünzen. 
7) Gesetz vom 11. November 1871, 8 2, Ziff. 1.
	        
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