Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 118. I. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zoll- und Steuerwesens. 391 
4. Die schwierigste Aufgabe würde die Abgrenzung der Bestim- 
mungen mit Gesetzeskraft von den Verwaltungsanordnungen sein, wenn 
nicht in dieser Beziehung schon während des Zollvereins selbst ein 
äußeres Kriterium für diese Unterscheidung geschaffen worden wäre. 
Nach der Erneuerung des Zollvereins im Jahre 1864 wurde in dem 
Vertrage vom 16. Mai 1865 die Gesamtmasse der gültigen Bestimmungen 
in zwei Gruppen nach staatsrechtlichem Gesichtspunkte verteilt: alle 
Bestimmungen, denen die vertragsschließenden Regierungen formell 
legislativen Charakter beilegten, wurden in die Vertragsur- 
kunde selbst aufgenommen, alle Bestimmungen von admini- 
strativer Natur wurden in das Schlußprotokoll gestellt!). 
Bei der Redaktion des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 wurde 
dieselbe Form der Unterscheidung beibehalten und die Verteilung des 
Stoffes zwischen Hauptvertrag und Schlußprotokoll nicht abgeändert’). 
Hieraus ergibt sich, daß alle — noch in Geltung stehenden — Be- 
stimmungen des Hauptvertrages vom 8. Juli 1867, sowie derjenigen 
Verabredungen, welche in demselben in Bezug genommen und als 
Bestandteile des Vertrages erklärt worden sind’, formelle Ge- 
setzeskraft haben. Dagegen haben die Abreden des Schluß- 
protokolls, sowie selbstverständlich alle vom Bundesrat znr Aus- 
führung des Zollvereinsvertrages beschlossenen Reglements usw. 
die Kraft von Verwaltungsverordnungen. 
9. Der Zollvereinsvertrag vom 16. Mai 1865 und ebenso der Zoll- 
vereinsvertrag vom 8. Juli1867 enthielten zwar eine vollständige Kodi- 
fikation der die Gesamtheit des Zollvereins betreffenden Abreden, 
aber keine vollständige Zusammenstellung aller noch gülligen Be- 
stimmungen der früheren Verträge. Daneben sind vielmehr in Gel- 
tung geblieben diejenigen Bestimmungen, welche sich auf die beson- 
deren Verhältnisse einzelner Staaten beziehen, sei es, daß diesel- 
ben bei dem Anschluß der letzteren festgestellt wurden, oder sei es, 
daß sie infolge der Entwicklung der Zollvereinseinrichtungen veran- 
laßt wurden‘). Hinsichtlich dieser Bestimmungen, welche durch den 
Art. 40 der Reichsverfassung ebenfalls in Kraft erhalten wurden, so- 
weit sie bei Erlaß der Reichsverfassung noch Geltung hatten, fehlt es 
1) Auch bei der Vorlage an die Landtage der kontrahierenden Staaten wurde 
diese Bedeutung der Trennung der beiden Urkunden hervorgehoben. Vgl. für Preu- 
Ben die Denkschrift zum Zollvereinsvertrage in den Anlagen zu den Verhandlungen 
des Abgeordnetenhauses 1865, IV, S.1538 (Hänel S. 127, Note 18). Ueber Bayern 
vgl. Seydel S. 266. 
2) HänelS. 126ff.; Delbrück S.5fg. 
3) Die im Art.3, $ 7 des Vertrages erwähnten Gesetze, nämlich das Zollgesetz, 
die Zollordnung, der Zolltarif und die „Grundsätze, betreffend das Zollstrafgesetz“ 
sind durch das Zollgesetz von 1869 und die anderen späteren Reichsgesetze ersetzt 
worden, also nicht mehr von Belang. Ueber die schwierige Frage, inwieweit das 
Zollkartell vom 11. Mai 1833 noch Bedeutung hat, vgl. Delbrück S. 18 ff. 
4) Delbrück S.4 u. 6.
	        
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