Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 118. IV. Die Verwaltung der Zölle. 417 
und Steuern«. Die Stationsbeamten und Kontrolleure sind den Bevoll- 
mächtigten dienstlich untergeordnet und empfangen von ihnen amt- 
liche Aufträge. 
Diese Reichskommissare haben nicht das Recht, Verfügun- 
gen zu erlassen !), sie bilden keine Instanz in der ordentlichen Zoll- 
und Steuerverwaltung, sie haben keine Stimme bei der Beschlußfas- 
sung der kollegialisch organisierten Behörden; sie sind überhaupt nicht 
Mitglieder derselben. Sie haben vielmehr die Stellung von Prokuratoren 
des Reiches; sie sind Gesetzeswächter und Vertreter der fiskalischen, 
handelspolitischen und volkswirtschaftlichen Interessen des Reiches 
gegenüber den Behörden der Einzelstaaten. Ihre Funktionen bestehen 
daher nicht in einem Anteil an der Erledigung der laufenden Verwal- 
tungsgeschäfte, sondern in der vollständigen Kenntnisnahme von der 
Art und Weise, wie dieselben erledigt werden, und in der Monierung 
von Fehlern und Mängeln, welche dabei zutage treten’). Zu diesem 
Zwecke haben sie das Recht, nach Belieben Einsicht in die Akten, 
Bücher, Rechnungen und Register sowohl der Direktivbehörde, wel- 
cher sie zugewiesen sind, als aller zum Bezirk derselben gehörenden 
Zoll- und Steuererhebungsbehörden zu nehmen. Sie haben ferner das 
Recht, allen Sitzungen der Direktivbehörde beizuwohnen, und alle 
Verfügungen und Anweisungen, welche die Direktivbehörde oder deren 
Vorstand in Beziehung auf die Verwaltung der gemeinschaftlichen Ab- 
gaben an die ihr untergeordneten Behörden ergehen läßt, müssen vor 
der Ausfertigung dem Reichsbevollmächtigten, sofern er am Orte an- 
wesend ist, zur Einsicht im Konzepte vorgelegt und dürfen nicht eher 
ausgefertigt werden, als nachdem er sein Visum beigesetzt hat. Sie 
sind ferner befugt, den Grenz- und Revisionsdienst auf der Zollinie, 
sowie das Verfahren bei der Zoll- und Steuererhebung in dem ihnen 
überwiesenen Gebiete zu visitieren. Endlich haben sie die Rechnungen 
über die gemeinschaftlichen Abgaben zu prüfen ’°). 
Durch diese Anordnungen ist die vollständige Kenntnisnahme der 
Bevollmächtigten von dem gesamten Geschäftsgange der Zoll- und 
Steuerbehörden in dem ihnen überwiesenen Bezirke gesichert und die 
Einzelstaaten führen die ihnen überlassene Zoll- und Steuerverwaltung 
gewissermaßen vor den Augen des Reiches. Dagegen ist der Bevoll- 
mächtigte des Reiches nicht befugt, in die Verwaltung selbst einzu- 
greifen und bemerkten Mißständen und Mängeln selbst abzuhelfen. Er 
darf sein Visum nicht verweigern oder verzögern, selbst wenn ihm 
die vorgelegte Verfügung den bestehenden Gesetzen nicht entsprechend 
zu sein scheint, sondern er darf nur seine abweichende Ansicht moti- 
viert auf dem Konzepte vermerken und verlangen, daß die Direktiv- 
  
1) Zollvereinsvertrag Art. 20, Abs. 3. 
2) Zollvereinsvertrag Art. 20, Abs. 4. 
3) Schlußprotokoll vom 8. Juli 1867, Nr. 15, Ziff. 2 (Bundesgesetzbl. S. 110).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.