Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

420 < 118. V. Die Zollpflicht. 
rein tatsächliche Einbringen über die Zollinie zu verstehen, son- 
dern nur ein Einbringen in der Art, daß die Ware innerhalb des 
Zollgebietes in den freien Verkehr treten kann!) Dies ist insbe- 
sondere ausgeschlossen bei der Durchfuhr von Waren, wenn die 
Ware von dem Augenblick ihres Eintritts in das Zollamt bis zum 
Verlassen desselben unter Zollkontrolle verbleibt. In diesem Falle 
kommt eine Zollpflicht überhaupt nicht zur Entstehung‘). Die Durch- 
1) Diese Möglichkeit ist maßgebend; die Ware ist zollpflichtig, auch wenn 
sie nicht dazu bestimmt ist, in den Verkehr zu kommen, sondern wenn der- 
jenige, der sie einführt, sie verzehren, gebrauchen, in seinem Besitz oder Eigentum 
behalten will. Die im Zolltarifgesetz 86 gewährten Ausnahmen von der Zollpflicht 
beruhen zum großen Teil auf dieser Zweckbestimmung der Ware. 
2) Dies ist wohl zu unterscheiden von dem Falle, daß eine Ware zunächst im 
Zollgebiet in den freien Verkehr tritt, dann aber unverarbeitet oder nach einer Be- 
oder Verarbeitung oder Vermischung wieder ausgeführt wird. Alsdann ist die Zoll- 
pflicht begründet; der entrichtete Zoll kann aber in gesetzlich bestimmten Fällen bei 
der Ausfuhr (mit oder ohne Identitätsnachweis) ganz oder teilweise zurückgezahlt 
werden; sogenannte Zollvergütung. Dies ist der Fall nach dem Tarifgesetz bei den 
im $ 11 aufgeführten Getreidearten und Oelfrüchten und Fabrikaten von Mühlen oder 
Mälzereien. Die Vergütung erfolgt durch die, zuerst durch das Reichsgesetz vom 
14. April 1894 (Reichsgesetzbl. S. 335) eingeführten Einfuhrscheine, welche 
passender Ausfuhrscheine hießen. Denn sie werden bei der Ausfuhr der genannten 
Waren aus dem Zollgebiet erteilt und können bei der Einfuhr einer entsprechenden 
Menge der genannten Waren zur Zollentrichtung verwendet werden und zwar auch 
dann, wenn die eingeführte Ware nicht dieselbe Art von Getreide und Oelfrüchten usw. 
ist wie diejenige, für deren Ausfuhr der Schein erteilt worden ist. Für die genannten 
Waren läßt der $ 11 Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß zu. Ausführungs- 
bestimmungen hierzu hat der Bundesrat beschlossen in der Einfuhrscheinord- 
nung vom 15. Februar 1906 (Zentralbl. S. 316; vgl. auch Bekanntmachung vom 30. Juli 
1909 im Zentralbl. S. 679 und vom 9. November 1911 im Zentralbl. S. 388), die Ge- 
treidelager-Zollordnung vom 11. Januar 1906 (Zentralbl. S. 352) und die 
Oelmühlen-Zollordnung vom gleichen Tage (Zentralbl. S. 372). Eine Aus- 
fuhrvergütung wird ferner gewährt bei Kakaowaren nach dem Reichsgesetz 
vom 22. April 1892 (Reichsgesetzbl. S. 601) und dazu Ausführungsbestimmungen 
vom 30. Juni 1892 (Zentralbl. S. 479), sowie bei der Ausfuhr der einer Verbrauchs- 
abgabe unterliegenden Verzehrungsgegenstände. Behr a.a.0. S.193 ff. entwickelt 
die Ansicht, daß die Zollpflicht durchgeführter Auslandswaren durch die Einfuhr ent- 
steht und durch die unter Erfüllung der zollgesetzlichen Bedingungen erfolgte Aus- 
fuhr wieder erlischt, daß sie also als resolutiv bedingte Pflicht entsteht. Die Zoll- 
kontrolle dient aber in diesem Falle wie in vielen anderen nicht zur Sicherung einer 
bereits entstandenen Zahlungspflicht, sondern zur Verhütung einer Umgehung 
der Zollgesetze.e. Nur wenn die Ware entweder im Inlande in den Verkehr gebracht 
oder die Zollkontrollvorschriften verletzt werden (was hinsichtlich der Zollpflicht dem 
Inverkehrbringen gleichgeachtet wird), besteht eine Zollpflicht; es genügt also zu 
dem die Zollpflicht begründenden Tatbestand das bloße Einbringen über die Zoll- 
grenze nicht, sondern es muß ein Moment hinzukommen, durch welches der Ware 
der Eintritt in den Verkehr ermöglicht wird. Wäre die Verpflichtung zur Zahlung 
des Zolls resolutiv bedingt, so würde es diesem Verhältnis entsprechen, daß der Zoll 
bei der Einfuhr bezahlt und bei der Ausfuhr zurückgezahlt wird. Das Zollgesetz 
$ 33, 45 erfordert jedoch nur Sicherheitsbestellung, die übrigens auch erlassen werden 
kann. Uebereinstimmend mit der hier angeführten Ansicht v. Mayr a.a.0. S. 947. 
SchmauserS.425. Vgl. auch Hoffmann, Komment. S. 21, Ziff. 8.
	        
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