422 8 118. V. Die Zollpflicht.
Unerheblich für die Begründung der Zollpflicht ist der Umstand,
ob die Waren ausländischen oder inländischen Ursprungs sind!) und
ob sie bereits früher im Reichsgebiet verzollt oder versteuert worden
sind oder nicht. Der Zoll ist vielmehr so oft zu entrichten, als die
Ware vom Ausland her die Zollgrenze überschreitet. Ausnahmen be-
stehen jedoch:
a) Für den sogenannten Zwischenauslandsverkehr, d.h. für Waren,
welche von einem Orte des Inlandes durch das Ausland nach dem
Inland gesendet werden, falls durch Deklaration und Zollverschluß
die Identität der Ware sichergestellt ist ?).
b) Für Retourwaren; das sind Waren, welche auf auswärtige Mes-
sen und Märkte, oder auf Bestellung, zum Kommissionsverkauf, zur
Ansicht, zu öffentlichen Ausstellungen oder zum vorübergehenden Ge-
brauch nach dem Auslande gesendet worden waren und zurückge-
bracht werden, sofern kein Zweifel besteht, daß dieselben Waren
wieder eingehen, welche ausgegangen sind’).
c) Die Befreiung kann auch in besonderen Fällen im sogenannten
Veredlungsverkehr zugestanden werden, d. h. wenn Waren aus dem
Inlande nach dem Auslande gehen und in vervollkommnetem Zu-
stande zurückkehren ?).
d) Außerdem ist der Bundesrat gesetzlich ermächtigt worden, dar-
über Bestimmungen zu treffen, in welchen Fällen aus Billigkeits-
rücksichten für die aus dem freien Verkehr des Inlandes nach
dem Auslande gesandten Gegenstände beim Wiedereingang oder für
die vom Auslande eingegangenen Gegenstände beim Wiederausgange
ein Zollerlaß gewährt werden darf’).
2. Die zweite Voraussetzung der Zollpflicht besteht darin, daß die
Ware durch besondere gesetzliche Bestimmung einem Zoll unterworfen
ist. Dies ist zwar tatsächlich bei der überwiegenden Mehrzahl der
Waren der Fall; die allgemeine Regel ist aber, daB die aus dem Aus-
lande eingehenden Gegenstände zollfrei sind ®). Die gesetzliche Anord-
nung der Verzollung ist teils in dem Zolltarifgesetz, teils in den Steuer-
gesetzen und Handelsverträgen enthalten.
1) Zollgesetz S 4.
2) Zollgesetz $ 111 und dazu das „Deklarationsschein-Regulativ“ vom 25. März
1878 (Zentralbl. S. 211).
3) Zollgesetz $ 113. 4) Zollgesetz 8 112, Abs. 2.
5) Zollgesetz $ 118, Abs. 2.
6) Zollgesetz $3. Diese Regel ist durch $ 1 des Zolltarifgesetzes: „Bei der Ein-
fuhr von Waren werden Zölle nach Maßgabe des nachstehenden Zolltarifs erhoben“,
nicht, wie Zorn, Staatsrecht II, S. 249, unrichtigerweise behauptet, aufgehoben,
sondern bestätigt worden. Denn der Zolltarif enthält nicht (wie dies bis 1875 galt)
eine Generalklausel, welche für alle in demselben nicht besonders aufgeführten Waren
einen allgemeinen Eingangszoll festsetzt; sondern er erkennt die Zollfreiheit
aller Waren an, welche nicht in dem Tarif mit einem Zoll belegt sind; sie sind jetzt
allerdings nicht zahlreich.