$ 122. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer. 487
Diese Steuererhöhung findet aber bei Eltern und Geschwistern nur
Anwendung, wenn der Wert des Erwerbes 50000 Mark übersteigt. Der
Unterschiedsbetrag zwischen dem anzuwendenden höheren Satze und
dem der vorangehenden Wertklasse wird nur insoweit erhoben, als er
aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags des Er-
werbes gedeckt werden kann. 8 10.
Ill. Befreiungen.
1. Die Erbschaftsbesteuerung ist eine sehr unvollkommene und
finanziell ungenügende, weil die weit überwiegende Masse aller Erb-
fälle, nämlich die der Kinder und ihrer Abkömmlinge und des über-
lebenden Gatten steuerfrei sind. & 11, Ziff. 4, lit. a bis d. Die hier-
durch bewirkte Verminderung des Ertrages der Steuer kann nicht in
einem einigermaßen erheblichen Grade durch die sehr hohe Besteue-
rung der großen Erbschaften und Vermächtnisse, welche entfernten
Verwandten und Fremden zufallen, ausgeglichen werden, weil diese
Fälle verhältnismäßig sehr selten sind.
2. Befreit von der Steuer sind der Landesfürst und die Landes-
fürstin. 8 14.
3. Befreit sind ferner:
a) ein Erwerb von nicht mehr als 500 Mark. 8 11, Ziff. 1;
b) ein Erwerb bis zu 3000 Mark von Personen, die in einem Dienst-
oder Arbeitsverhältnis zum Erblasser gestanden haben. 8 11, Ziff. 4,
lit. a;
c) ein Erwerb bis zu 5000 Mark, welcher inländischen Kirchen,
inländischen Stiftungen, Gesellschaften, Anstalten, die ausschließlich
kirchliche, mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, zufällt, so-
wie Zuwendungen, welche zu solchen Zwecken bestimmt sind, oder
welche den im 8 12, Ziff. 4 genannten Unterstützungs-Kassen oder An-
stalten zufallen. Beträgt die Zuwendung mehr als 5000 Mark, so unter-
liegt sie einer Erbschaftssteuer von 5 Prozent. 8 12;
d) ein Erwerb bis zu 10000 Mark, welcher den im 8 11 Nr. 4e
aufgeführten Personen (Verwandten) zufällt. Fassung des Gesetzes vom
3. Juli 1913 8 4, Zift. 2.
Die übrigen im 8 11 aufgeführten Befreiungen sind von geringer
finanzieller Bedeutung.
4. Mehrere einem Erwerber seitens desselben Erblassers innerhalb
fünf Jahren zugefallene Vermögensvorteile werden als ein Erwerb an-
gesehen, wenn anzunehmen ist, daß die Zuwendung nur zur Ver-
meidung des höheren Steuersatzes oder zur Erlangung der Steuerfrei-
heit erfolgt ist. 8 14, Abs. 1.
9. Von dem Erwerbe land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke
und ihres beweglichen und unbeweglichen Zubehörs wird ein Viertel
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gesetzliche Zuschlag, so daß sich die Steuer in bedenklichem Grade einer Vermögens-
konfiskation nähern kann.