516 & 127. Die Matrikularbeiträge.
9. Der weitaus wichtigste Unterschied in der Beitragspflicht zu
den Ausgaben des Reiches betrifft die Verzinsung und Rückzahlung
der Reichsschuld. Zwar haftet das ganze Reich als einheitliches
Rechtssubjekt sämtlichen Gläubigern für den vollen Betrag der Schul-
den; unter den Mitgliedern des Reiches aber verteilen sich die Lei-
stungen, um dieser Haftung zu genügen, in ungleicher Weise Ein
großer Teil der Anleihen ist nämlich für Zwecke der Reichsmilitär-
verwaltung aufgenommen und trifft aus diesem Grunde Bayern nicht
mit; ein anderer Teil ist für Zwecke der Reichspost- und Telegraphen-
verwaltung verwendet worden und trifft aus diesem Grunde Bayern
und Württemberg nicht mit. Ganz dasselbe gilt von den Schatz-
scheinen, welche zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebs-
fonds der Reichskasse jährlich aufgenommen werden, indem auch
von diesen ein Teil für die Reichsmilitärverwaltung und ein an-
derer Teil für die Reichspostverwaltung verwendet wird. Hiernach
ergeben sich in betreff der Reichsschulden drei Finanzgemeinschaften:
diejenige aller Bundesstaaten, diejenige aller Bundesstaaten außer
Bayern, und diejenige aller Bundesstaaten mit Ausnahme von Bayern
und Württemberg !).
10. Endlich ergibt sich aus den im vorstehenden aufgeführten
Verschiedenheiten, daß auch die Deckung eines Defizits, welches sich
bei der Finanzverwaltung für eine Wirtschaftsperiode ergeben hat,
nicht gleichmäßig auf alle Bundesstaaten zu verteilen ist, sondern daß
bei den einzelnen Mindereinnahmen oder Mehrausgaben, aus denen
der Fehlbetrag hervorgeht, diejenige Finanzgemeinschaft den Ausfall
zu decken hat, welche die betreffende Einnahme oder Ausgabe an-
geht. Es kommen hier namentlich in Betracht die Gemeinschaft der
Militärausgaben, die Gemeinschaft der Post- und Telegraphenverwal-
tung, die Gemeinschaft der Brausteuer und die drei Gemeinschaften
der Reichsschulden. Auf ganz analoge Erscheinungen ist oben 8 117,
IV S. 384 bei den Einnahmen des Reichs hingewiesen worden.
8 127. Die Matrikularbeiträge ?).
I. Die eigentümliche Disharmonie in der Gestaltung des Reichs-
finanzwesens, welche sich daraus ergibt, daß das Reich wie jeder an-
bei Mainz (Ausgabenetat Kap. 68, Tit. 5); Elsaß-Lothringen einen Beitrag zu
den Kosten der Universität Straßburg in Höhe von 400 000 Mark (ebendaselbst Tit. 3).
Ferner sind die Beiträge des Reichs zur Herstellung der strategischen Eisenbahnen
zu den Kosten des Zollanschlusses von Hamburg und Bremen usw. hier zu er-
wähnen.
1) Eine Berechnung der Anteile der drei Gemeinschaften an der Reichsschuld
und an dem zur Verzinsung derselben erforderlichen Geldbedarf enthält die Anlage XIX
zum Reichshaushaltsetat.
2) Buchner im Archiv f. öffentl. Recht Bd. 27, S. 101, 175. Meine Abhand-
lung in der D. Juristenzeitung 1914, S. 1 ff.