$ 128. Bedeutung und Feststellung des Haushaltsetatsgesetzes. 531
an den Reichsetat sich anzulehnen. Für die Berechnung der auf
Bayern entfallenden Gesamtsumme sind zu berücksichtigen die fort-
dauernden Ausgaben für das Reichsheer, die einmaligen Ausgaben des
»ordentlichen Etats« für das Reichsheer und die Ausgaben des allge-
meinen Pensionsfonds für die Verwaltung des Reichsheeres. Derselbe
Grundsatz der anteilmäßigen Berechnung der auf Bayern kommenden
Summe fand auch Anwendung auf gewisse, aus dem Invalidenfonds
zu bestreitende Ausgaben ').
Für die übrigen Kontingente steht die Aufstellung der Spezialetats
dem Reiche zu, und zwar werden für die drei Staaten mit eigener
Militärverwaltung (Preußen, Sachsen, Württemberg) die Ausgaben bei
den einzelnen Titeln in Parallelkolonnen aufgeführt.
4. Die Matrikularbeiträge werden mit dem anschlagsmäßigen Netto-
betrage, den jeder einzelne Staat zu zahlen hat, im Budget aufgeführt,
so daß die verwickelte Rechnung, durch welche die von jedem Staate
zu zahlende Summe ermittelt werden muß, im Etatsgesetz selbst nicht
bemerkbar wird.
5. Eine besondere Beilage zum Reichshaushaltsetat bildet der Be-
soldungs- und Pensionsetat des Reichsbankdirektoriums. Derselbe
wird zwar im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt, die Ausgaben
erfolgen aber aus den Mitteln der Reichsbank?). Der gleiche Grund-
satz gilt für den Besoldungs- und Pensionsetat des Direktoriums der
Reichsversicherungsanstalt für Angestellte. Gesetz vom 20. Dezember
1911, 8 102.
6. Für die Schutzgebiete wird nach dem Gesetz vom 30. März
1892 ein besonderes Etatsgesetz erlassen. Siehe Bd. 2, S. 307.
IV..Die Reichsverfassung Art. 71 stellt zwar ganz allgemein die
Regel auf, daß die gemeinschaftlichen Ausgaben alljährlich bewil-
ligt' werden, aber sie normiert die wichtige Frage nicht, inwieweit die
Bewilligung von Ausgaben res merae voluntatis und inwieweit sie
staatsrechtliche Pflicht des Bundesrates und des Reichstages
sei, oder mit anderen Worten, welche Ausgaben staatsrechtlich nicht
verweigert werden dürfen. Hält man den obersten Grundsatz des
konstitutionellen Staatsrechts fest, daß das bestehende Recht und die
rechtlich begründeten Institutionen des Staates nur unter Ueberein-
stimmung von Souverän und Volksvertretung, nicht einseitig von
einem dieser beiden Organe verändert werden dürfen, so ergibt sich
als unabweisliche Konsequenz, daß der Reichstag nicht einseitig die
bestehenden Gesetze durch Verweigerung der zu ihrer Ausführung not-
wendigen Mittel suspendieren oder aufheben kann, daß es nicht all-
1) Vgl. Reichsgesetz vom 11. Mai 1877, S 1 (Reichsgesetzbl. S. 495), vom 17. Juni
1878 (Reichsgesetzbl. 127), vom 30. März 1879, $ 2 (Reichsgesetzbl. S. 119), vom 22. Mai
1893, Art. 26, Abs. 2 (Reichsgesetzbl. S. 183). Reichsgesetz vom 14. Januar 1894, $ 8
(Reichsgesetzbl. S. 108). Reichsgesetz vom 31. Mai 1901, $ 24, Abs. 2.
2) Bankgesetz vom 14. März 1875, $ 28 (Reichsgesetzbl. S. 185).