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keit für den Fiskus abzuschließen. Der zit. $ 10 enthält eine solche
Beschränkung. Auf Geschäfte, welche diese Schranken überschreiten,
findet $ 177, Abs. 1 des BGB. Anwendung!).
Hinsichtlich der im Besitz der Reichsverwaltung befindlichen
Grundstücke ist insbesondere ($ 11 a. a. O.) angeordnet worden,
daß Einnahmen aus der Veräußerung derselben nur unter Geneh-
migung des Bundesrates und des Reichstages verausgabt werden dürfen,
und daß solche Einnahmen, sofern diese Genehmigung nicht ander-
weitig erfolgtist, im nächsten Reichshaushaltsetat einzustellen sind.
Von dieser Regel ist auch für den Fall keine Ausnahme gemacht, daß
der Erlös aus dem Verkaufe eines Grundstücks ganz oder teilweise
dazu bestimmt ist, ein anderes Grundstück zu erwerben oder eine
andere Baulichkeit zum Ersatz herzustellen ?).
5. Soweit durch die im Vorstehenden erwähnten ordentlichen und
außerordentlichen Einnahmen für die etatsmäßigen Ausgaben genügende
Deckungsmittel nicht gegeben werden, muß der Reichstag Matrikular-
beiträge bewilligen. Die Reichsregierung braucht sich einen Etat, der
nicht balanziert, sondern mit einen Defizit abschließt, nicht gefallen
zu lassen. Der Art. 70 schreibt ganz kategorisch vor, daß die Diffe-
renz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Reiches durch Bei-
träge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung
aufzubringen ist, und da nach Art. 69 alle Einnahmen des Reiches
auf den Reichshaushaltsetat gebracht werden müssen, so können Reichs-
tag und Bundesrat sieh der budgetmäßigen Festsetzung der Matrikular-
beiträge in Höhe jener Differenz nicht entziehen. Es ist dies deshalb von
Wichtigkeit, weil der Reichskanzler nicht nach Maßgabe des Bedürf-
nisses, sondern nur bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages
die Matrikularbeiträge einzuziehen befugt ist (Art. 70 a. E.)°).
$ 129. Die Wirkungen des Etatsgesetzes *).
Die Reichsverfassung enthält so wenig wie die preußische Ver-
fassungsurkunde eine Andeutung darüber, welche rechtliche Wirkungen
1) Der preuß. Kriegsminister hat im August 1910 einen großen Teil des Tempel-
hofer Exerzierplatzes um 72 Millionen Mark verkauft ohne Vorbehalt der Genehmigung
des Bundesrats und des Reichstags. Es erhob sich die Frage, ob der Vertrag zivil-
rechtlich den Reichsfiskus verpflichte, den Reichstag daher in die Zwangslage ver-
setze, ihn zu genehmigen. Für die Verneinung der Frage siehe meine Erörterung
in der Jurist. Wochenschrift von 1910, S. 919. Anderer Ansicht v. Romeick in
Gruchots Beiträgen, 56 Jahrg. 1911, S. 1ff. Da der Reichstag den Vertrag ge
nehmigte, hatte die Frage keine praktische Bedeutung.
2) Dagegen findet $ 11 keine Anwendung, wenn ein Grundstück des Reichsfiskus
gegen ein anderes Grundstück, z. B. einer Gemeinde, vertauscht wird, was nicht
selten vorkommt, namentlich bei Grundstücken der Militärverwaltung.
3) Vgl. oben 8 127.
*, Die Regelung des materiellen Etatsrechts für das Reich ist wiederholt ver-
sucht worden. Dem Reichstage von 1872 bereits wurde ein Gesetzentwurf betreffend