S 98. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 51
Ueber die getroffenen Verfügungen muß dem Bundesrat und
Reichstag sofort, beziehungsweise bei ihrem nächsten Zusammentreten
Rechenschaft gegeben werden.
8 98. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben
für die bewaffnete Macht.
Weder die Einheitlichkeit der Militärgesetze und Heereseinrich-
tungen noch der Oberbefehl des Kaisers über die Truppen der Einzel-
staaten würden genügen, um die übereinstimmende und gleichmäßige
Kriegstüchtigkeit und Vollzähligkeit der einzelnen Kontingente zu
sichern, wenn die Einzelstaaten von der mangelhaften oder unvoll-
ständigen Durchführung der Militärgesetze materielle Vorteile hätten.
Die eigentliche Bürgschaft für die »Einheitlichkeit des Heeres« und
für die Gleichartigkeit seiner Bestandteile, die fundamentale Basis
der Reichskriegsverfassung, durch welche alle anderen Einrichtungen
erst Festigkeit und Halt gewinnen, ist daher in dem weitreichenden
Prinzip des Art. 58 der Reichsverfassung zu erblicken:
»Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des
Reichs sind in allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen
gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen noch Prä-
gravationen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig
sind.
In diesem Satze sind allerdings zwei sehr verschiedene Dinge
durcheinander geworfen: die gleichmäßige Verteilung der Lasten auf
die Bundesstaaten und die gleichmäßige Verpflichtung der
Angehörigen der Bundesstaaten zur Leistung von Militärdiensten
und Militärlasten. Das letztere Prinzip hat lediglich die Bedeutung
eines verfassungsmäßigen Programmes für die Militärgesetzgebung des
Reiches; das erstere dagegen ist in der Reichsverfassung selbst effektiv
durchgeführt und für das Verhältnis des Reiches zu den Einzelstaaten
hinsichtlich des Militärwesens, ja hinsichtlich des gesamten Verfassungs-
baues des Reiches von maßgebender Bedeutung. Nur dieses Prinzip
steht hier zur Erörterung. Ohne die Durchführung dieses Grund-
satzes von der gleichen Verteilung der Lasten wären auch die Militär-
konventionen mit Preußen schwerlich abgeschlossen worden; dieselben
waren nur deshalb möglich, weil sie die materiellen Leistungen der
Einzelstaaten für Heer und Marine unverändert ließen. Der erwähnte
Grundsatz ist so wesentlich und überdies so sehr in der Billigkeit
begründet, daß er auch für Bayern volle und unbeschränkte An-
wendung erhalten hat und nur die Art und Weise seiner Ausführung
ist für Bayern anders wie für die übrigen Staaten geregelt worden.
In dem Bündnisvertrage vom 25. November 1870, Ill, 85 ist fest-
gesetzt, daß Art. 58 der Reichsverfassung für das Königreich Bayern
gültig ist, jedoch den Zusatz erhält: »Der in diesem Artikel bezeich-
neten Verpflichtung wird von Bayern in der Art entsprochen, daß es