Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

Anhang. Die neuere deutsche Literatur über das Budgetrecht. 595 
»von der Schwelle seiner Betrachtung zurückweist«. Und zwar recht 
unfreundlich, damit dieser Iypus ja nicht wieder zum Vorschein 
komme. »Nur die kompendiarische Gedankenlosigkeit« — sagt er — 
»kann es unternehmen, das Budgetrecht beider Typen auf einen und 
denselben juristischen Leisten zu schlagen (S. 292). Da der zweite 
Typus der der Reichsverfassung sei, so bilde er »den festen Boden 
wahrhaft gemeinen Rechts« und sei allein den weiteren Erörterungen 
zugrunde zu legen. 
Zur Ergänzung der von Hänel erwähnten zwei Typen muß 
darauf hingewiesen werden, daß es noch einen dritten Typus gibt, 
der weitaus der verbreitetste ist. Denn nicht nur das Reich und die 
Bundesstaaten, auch alle Gemeinden und weiteren Kommunalverbände 
stellen alljährlich ihre Etats auf. An Umfang und Bedeutung stehen 
die letzteren teilweise den Staatsbudgets nicht nach; das Budget der 
Stadt Berlin ist größer als das aller deutschen Staaten außer Preußen 
und Bayern. Auch für andere wirtschaftliche Betriebe, Aktienunter- 
nehmungen, Stiftungen, Grundherrschaften usw. werden Etats festge- 
stell, bei denen die Form des Gesetzes der Natur der Sache nach 
ausgeschlossen ist; da sie aber inhaltlich den Staatshaushaltsetats gleich 
oder ähnlich sind, so darf man sich bei dem wissenschaftlichen Be- 
streben, das Verhältnis dieses übereinstimmenden Inhalts zu der Mannig- 
faltigkeit der Formen ihrer Feststellung zu bestimmen, nicht durch 
die Furcht einschüchtern lassen, von Hänel mit dem Anathem der 
kompendiarischen Gedankenlosigkeit belegt zu werden. 
Hänel beginnt nun seine Erörterungen mit der »Feststellung 
des Budgetgesetzes« S. 296 ff. Was er hier ausführt, läßt auf den 
ersten Blick die Hoffnung entstehen, in ihm hinsichtlich wichtiger 
Teile des Budgetrechts einen Bundesgenossen zu erhalten. Denn er 
tritt in scharfen Gegensatz zu der von Zorn vertretenen Lehre von 
der gesetzgeberischen Freiheit. Er erkennt an, daß die gesetzgebenden 
Faktoren gebunden sind, nicht nur an die Grundsätze, welche die 
Verfassung für die Feststellung des Budgetgesetzes in den Art. 69—71 
besonders und ausdrücklich anordnet (S. 297), sondern auch an 
die allgemeinen Verfassungsvorschriften, »welche jede gesetzgeberische 
Tätigkeit regeln«.. Darunter versteht er die Pflicht, »die staatsrechtlich 
notwendigen« Einnahmen oder Ausgaben in dem von mir entwickelten 
Sinne zu bewilligen. Er spricht es ausdrücklich aus, daß ein freies, 
ungebundenes Bewilligungsrecht der Verfassung widerspricht (S. 299). 
In betreff der staatsrechtlich freien, gesetzlich ungebundenen Einnahmen 
oder Ausgaben ist die Uebereinstimmung von Bundesrat und Reichs- 
tag erforderlich und keiner von beiden Teilen ist berechtigt, sie dem 
anderen aufzuzwingen. Was von den einzelnen Einnahmen und Aus- 
gaben gilt, das gelte auch von dem Budgetgesetz im ganzen. Es gibt, 
wie Hänel Ss. 301 etwas gewunden sagt, »weder für den Reichstag 
noch für den Bundesrat ein Recht der Verweigerung oder der Ver-
	        
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