596 Anhang. Die neuere deutsche Literatur über das Budgetrecht.
werfung des Budgets als solchen und im allgemeinen, d.h. aus Grün-
den, welche sich nicht auf Verletzung der besonderen Pflichten des
anderen Teils, deren Einhaltung eigenes verfassungsmäßiges Recht ist,
stützen können und wollen«.
Mit besonderem Nachdruck betont Hänel wiederholt, daß die
für den Reichstag geltenden Regeln auch für den Bundesrat gelten.
So zweifellos richtig das ist, so auffallend ist es, daß Hänel die
Konsequenzen immer nur nach einer Richtung zieht. Wenn er
z. B. bemerkt, daß der Reichstag berechtigt ist, die ihrer Höhe
nach gesetzlich nicht feststehenden Ausgaben so weit herabzusetzen,
als dadurch nicht die Abänderung oder Außerkraftsetzung der zugrunde
liegenden Gesetze beabsichtigt oder tatsächlich herbeigeführt wird und
der Bundesrat nicht berechtigt sei, das mit einer solchen
Absetzung oder Herabsetzung amendierte Budget zu verwerfen: so
fehlt doch jeder Hinweis darauf, daß der Bundesrat zu einer Verwer-
fung in dem Falle berechtigt ist, wenn er die Ueberzeugung hat, daß
die vom Reichstag beschlossene Herabsetzung die tatsächliche Durch-
führung eines Gesetzes unmöglich macht.
Daraus ergibt sich nämlich eine weitere Beschränkung des Amen-
dierungsrechts, welche von hervorragender praktischer Bedeutung ist,
gegen deren Anerkennung aber HänelS. 303 sich sträubt und die
er mit der ihm eigentümlichen Lebhaftigkeit des Ausdrucks als die
volle Willkür einer beliebigen Präsumtion bezeichnet. Wenn der
Reichstag bei der Feststellung eines Budgets anerkannt hat, daß zur
Durchführung eines dauernden Gesetzes eine gewisse Anzahl von Be-
hörden und Beamten, ein gewisses Maß von sächlichen und persön-
lichen Ausgaben dauernd erforderlich ist und nun in einem
folgenden Jahre eine oppositionssüchtige Majorität eigenmächtig diese
Summen herabsetzt, so muß, da Veränderungen von Tatsachen nicht
vermutet werden, dem Bundesrat die Präsumtion zur Seite stehen,
daß diese herabgeminderte Summe zur Ausführung jenes Gesetzes un-
genügend sei und er sich demgemäß dieselbe nicht gefallen zu lassen
brauche; sowie andererseits für jede Erhöhung eines Postens das Be-
dürfnis nachgewiesen und vom Reichstag anerkannt werden muß.
Daraus folgt, daß Ausgaben, die von beiden Körperschaften über-
einstimmend als dauernd notwendige anerkannt und bewilligt sind,
nicht einseitig in dem Budget eines folgenden Jahres gestrichen
oder herabgesetzt werden dürfen.
Durch diese Regel wird ein konstanter Bestandteil des Budgets
geschaffen, der aus .einem Jahresbudget in das andere übergeht, so-
lange nicht beide Körperschaften darüber einverstanden sind, daß eine
Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, welche eine
Veränderung der Budgetposten im Gefolge habe. Dadurch wird der
Kreis der Punkte, die zu Konflikten Anlaß geben können, eingeengt