598 Anhang. Die neuere deutsche Literatur über das Budgetrecht.
positionsfonds desAbgeordnetenhauses undReichs-
tages, welche Körperschaften durch ihre Majoritätsbeschlüsse über
die Positionen des Budgetgesetzes alljährlich den König und Kaiser
und seine Minister mit Anweisung darüber versehen, welche Ausgaben
aus diesem Fonds geleistet werden sollen oder dürfen.
Für eine so exorbitante Behauptung kann Hänel natürlich weder
aus der preußischen Verfassung noch aus der Reichsverfassung die
geringste Spur einer Begründung beibringen. Wenn er dafür nichts
als die Einreihung der außeretatsmäßigen Einnahmen und Einnahme-
überschüsse eines Jahres unter die Einnahmen des folgenden Jahres
und die zeitliche Geschlossenheit der Einnahmen nach Etatsperioden
anzuführen vermag, so tritt die Willkürlichkeit seiner Behauptungen
durch die Fadenscheinigkeit dieser Gründe in ein um so grelleres
Licht. Wir haben es hier in der Tat nicht mit einem Satz des posi-
tiven Verfassungsrechts zu tun, sondern mit der Forderung einer poli-
tischen Partei, welche die Regierungsrechte nur nominell dem Monar-
chen belassen, in Wirklichkeit dagegen sie auf die Majorität der Volks-
vertretung übertragen will und zu diesem Zwecke sich ein »Budget-
recht« eigenmächtig konstruiert und willkürlich erfindet. Was insbe-
sondere die Pflicht der Verwaltung zur Erhebung der Einnahmen
anlangt, so tut Hänel S. 320 fg. so, als ob eine solche Pflicht ohne
das Etatsgesetz nicht vorhanden wäre, als ob die Gesetze über Zölle
und Verbrauchsabgaben, über Gebühren und Betriebsanstalten nicht
an und für sich, d. h. ohne daß die finanziellen Ergebnisse in das
Etatsgesetz aufgenommen sind, Ausführung erheischten. Eine Pflicht,
die bereits in anderen Gesetzen ihre vollkommene rechtliche Begrün-
dung hat, braucht diese doch nicht erst durch das Etatsgesetz zu er-
langen. Hänel verwertet die von ihm behauptete Funklion des
Etatsgesetzes, um damit den Beweis zu führen, daß das letztere, in-
dem es für die Regierung Rechtspflichten begründe, ein materielles
Gesetz sei; er hat dabei vergessen, daß dieselben Pflichten für die Re-
gierung auch in Bayern und den übrigen Staaten mit dem »anderen
Typus« des Budgetrechts bestehen, und nicht minder für die Kom-
munalbehörden, deren Budget niemals Gesetz sein kann. Warum
nur nach dem preußisch-deutschen Recht das Etatsgesetz die Pflicht
zur Bewirkung der gesetzlich bereits begründeten Einnahmen noch-
mals begründe, darüber bleibt Hänel natürlich die Antwort schuldig.
Am meisten Schwierigkeiten müßten, wie man meinen sollte, Hänel
diejenigen Ausgaben machen, welche nicht nur nach ihrem Gegen-
stande, sondern auch nach ihrem Betrage durch ein dauerndes Gesetz
bereits einen bestimmten Verwendungszweck haben. Daß auch solche
Beträge in dem Etat des einzelnen Jahres aufzuführen sind, ist bei
richtiger Auffassung des Etats als eines allgemeinen und vollständigen
Wirtschaftsplanes natürlich, wie ist aber hier eine materielle Rechts-
wirkung dieser Aufnahme im Etat zu begründen? Aber die Hänel-