Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

76 $ 99. Die Militärhoheitsrechte der Einzelstaaten. 
den hohen Landesherren den Fahneneid unter verfassungs- 
mäßiger Einschaltung der Gehorsamsverpflichtung gegen Seine 
Majestät den Kaiser« !). 
Elsaß-Lothringer endlich werden, gleichviel in welches Kontingent 
sie eintreten, nur für den Kaiser vereidigt?). 
3. Ein äußerlich sichtbares Zeichen, daß die Wehrpflicht auf der 
Staatsangehörigkeit beruht und dem Landesherrn geleistet wird, ist 
die Landeskokarde. Demgemäß bestimmen die Militärkon- 
ventionen übereinstimmend, daß die Landesangehörigen die Landes- 
kokarde tragen, und zwar falls sie in einem anderen Kontingent als 
demjenigen ihres Landesherrn den Militärdienst leisten, neben der 
Kokarde des Kontingentsherrn ?). 
4. Endlich kommt die persönliche Herrschaft der Landesherren 
über ihre Untertanen (im Gegensatz zur Kontingentsherrlichkeit) bei 
Ausübung des Begnadigungsrechts zur Geltung. Grundsätz- 
lich ist das Recht der Begnadigung ein Korrelat der Gerichtsbarkeit 
und steht demnach dem Kontingentsherrn zu (siehe oben S. 67). Die 
Militärkonventionen enthalten aber die Zusicherung, daß etwaige Wün- 
sche der Landesherren betreffs ihrer Untertanen in dieser Beziehung 
möglichste Berücksichtigung von seiten des Königs von Preußen finden 
werden *); einigen Landesherren ist sogar das Recht zur Begnadigung 
ihrer Untertanen in Fällen von militärgerichtlichen Verurteilungen 
wegen nicht militärischer Vergehen überlassen worden °). 
1) Militärkonvention mit Hessen Art.3, Abs.3; Baden Art. 3, Abs.3; Olden- 
burg Art. 2, Abs. 2; Anhalt, Schwarzburg, Lippe, Waldeck Art. 6; 
Braunschweig und Schaumburg-Lippe Art.5; Lübeck Art. 2; Ham- 
burg Art.2; Bremen Art.3. Eigentümliche Schwierigkeiten können in dem 
Falle entstehen, wenn. der Wehrpflichtige mehrere deutsche Staatsangehörigkeiten 
hat; bei Abfassung der R.-V. hat man an diesen Fall offenbar nicht gedacht. Tat- 
sächlich leisten wohl in der Regel die Wehrpflichtigen ohne Rücksicht auf die aus 
dem Staatsangehörigkeitsgesetz sich ergebenden Konsequenzen den Fahneneid dem- 
jenigen Landesherrn, in dessen Gebiet sie ihren Wohnsitz haben. Vgl. darüber einen 
Aufsatz von Dr. M. (Mothes) im Leipziger Tageblatt vom 28. Oktober 1904 Nr. 552. 
2) Reskript vom 28. Mai 1872 und Kabinettsordre vom 4. Dezember 1878. 
3) Militärkonvention mit Hessen Art. 3, Abs. 5; Oldenburg Art.2, Abs. 2; 
Thüringen Art. 7;Braunschweig Art. 2, Abs. 5; Waldeck Art.1, Abs. 2; 
Schwarzburg Art.6; Lippe Art.6; Schaumburg Art.5; Lübeck82, 
Abs. 33 HamburgS82; Bremen &$35. Ueber die neben der Landeskokarde zu 
tragende deutsche Kokarde siehe oben S. 66. 
4) Vgl. z. B. die Militärkonvention mit Baden Art. 14; Mecklenburg 
Art.6; Oldenburg Art. 17; Thüringen Art. 8; Anhalt Art.8; Schaum- 
burg Art. 6; Lippe Art. 7;Schwarzburg Art. 7, Waldeck Art.7; Braun- 
schweig Art. 6, Abs. 4. 
5) Baden Schlußprotokoll 8; Oldenburg Schlußprotokoll 8. Vgl. auch 
Mecklenburg (1868) Art. 6, Abs. 3 und Hessen Art. 14, Abs. 3. In der meck- 
lenburgischen und hessischen Militärkonvention ist auch ausbedungen, daß in den- 
jenigen Fällen, in denen zur Einleitung eines gerichtlichen oder ehrengericht- 
lichen Verfahrens die Genehmigung des Kontingentsherrn erforderlich ist, hinsicht- 
lich der großherzoglichen Untertanen das Einverständnis des Landes-
	        
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