18 $ 100. Die Festungen und Kriegshäfen.
legende Festungen, sondern ebenso auf Erweiterungen und Verände-
rungen, welche an bereits vorhandenen Festungen erforderlich wer-
den ').
Den Einzelstaaten steht demnach weder ein Widerspruch gegen
die Anlage oder Erweiterung von Festungen in ihrem Gebiete zu, noch
sind dieselben befugt, dieselbe zu erschweren oder zu verhindern durch
baupolizeiliche, wasserpolizeiliche oder dergleichen Anordnungen.
Ausgenommen von diesem Grundsatz sind Bayern und Württem-
berg; zur Anlage neuer Befestigungen auf dem Gebiete dieser beiden
Staaten ist die Zustimmung der letzteren erforderlich. Auf Bayern
findet nach dem Vertrage vom 23. November 1870 Art. 65 der Reichs-
verfassung überhaupt keine Anwendung; es hat lediglich die Zusage
erteilt, daß es die Anlage von neuen Befestigungen auf bayerischem
Gebiete im Interesse der gesamtdeutschen Verteidigung sim Wege
jeweiliger spezieller Vereinbarung« zugestehen werde.
Württemberg gegenüber ist in der Militärkonvention Art. 7 zwar
das Recht des Kaisers, neue Befestigungen innerhalb des Königreichs
anzulegen, prinzipiell festzuhalten, aber hinsichtlich der Ausübung
desselben ist verabredet worden, daß sich der Kaiser »eintretenden
Falls mit dem König von Württemberg vorher. in Vernehmen setzen
werde« ?).
2. Soweit nun das Recht des Reiches zur Anlage neuer oder zur
Erweiterung und Verstärkung bereits vorhandener Festungen reicht,
stehen demselben auch die dazu notwendigen Mittel zu Gebote, ins-
besondere das Recht der Enteignung?) und das Recht der Ra-
yonbeschränkungen. Ueberdies aber muß als selbstverständ-
liche Folge dieses Rechtes erachtet werden, daß :den Einzelstaaten
jede Ausübung der Landeshoheit untersagt ist, welche die Verteidi-
gungsfähigkeit der Festungen mittelbar oder unmittelbar beeinträch-
tigen könnte, insbesondere Veränderungen der Wasserläufe oder die
Anlage von Eisenbahnen, Kanälen u. dgl. in der Nähe der Festungen,
wenngleich außerhalb der Rayongrenzen. Aus demselben Grunde ist
es als selbstverständlich zu erachten, daß die Einzelstaaten nicht be-
fugt sind, ihrerseits Festungen anzulegen, selbst wenn sie die Kosten
1) Eine Anwendung dieses Rechtes liegt dem Gesetz vom 30. Mai 1873 (Reichs-
gesetzbl. S. 123) zugrunde.
2) Das heißt nicht, wie Thudichum in Holtzendorffs Jahrb. Bd. 2, S. 99 meint,
dessen Ansichten und Wünsche vernehmen, sondern dessen Einwilligung einholen.
Vgl. oben Bd. 2, S. 99, Note 1. Uebereinstimmend Meyer-Dochow S. 510, Sey-
del S. 374.
3) Daß die Enteignung im Wege der Reichsgesetzgebung geregelt wer-
den kann, ist unzweifelhaft; wenn es aber an einer besonderen reichsgesetzlichen
Anordnung fehlt, so kommt das landesgesetzliche Enteignungsrecht zur Anwen-
dung. SeydelS. 372; Zorn ll, S. 552; Gümbel S. 180. Dies ist auch in der
Praxis stets so gehalten worden. Was Arndt S. 500 darüber sagt, ist unbegründet
und unrichtig.