Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

5 295 (Nr. 3—4). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 5. Titel. 241 
bezeichnet. Denn da fie berechtigt ist, die im Gesellschaftsvertrage bezeichneten Liqui- 
datoren jederzeit ohne weiteres absuberufen (unten Nr. 6), darf sie die Abberufung 
auch bei Eintritt in die Liquidation unter Eratzbestelung vornehmen (Staub- 
Pinner Anm. 2; a. M. Makower Anm. Ib). Bei der Bestellung kann die Ver- 
tretungsbefugnis abweichend von der gesetzlichen geordnet werden, und zwar ohne 
Iweisel anders wie bei dem Vorstande durch gewöhnlichen Generalversammlungs- 
beschluß (5 296 Abs. 1 Satz 2). Ein sonstiges Gesellschaftsorgan oder ein Dritter 
kann auch nicht zufolge des Gesellschaftvertrags oder eines Generalversammlungs- 
beschlusses zu der Bestellung ermächtigt sein (Kammerger. in Entsch. FG. IV S. 148: 
Makower Anm. Ib, Staub-Pinner Anm. 3). Ob in der Bestellung eines bis- 
herigen Vorstandsmitglieds als Liquidator durch die Generalversammlung die Be- 
gründung eines neuen oder nur die Destätigung des alten Dienstverhältnisses zu 
finden ist, hängt von den Umständen des Falles ab (R.G.S. XXIV S. 73). — Nur 
physische Personen können als Liquidatoren bestellt werden (KG. im „Recht“ 1904 
S. 506), nicht juristische Personen, nicht Behörden, wohl aber eine physische Person 
in behördlicher Eigenschaft. 
e) Liquidatoren kraft Ernennung durch das Gericht. Zuständig ist das zur 
Führung des Handelsregisters für den Gesellschaftssitz berufene Amtsgericht (D. F.G.G. 
* 145). Dasselbe übt hierbei, wie nach richtiger Ansicht auch früher anzunehmen 
war (Johow IX S. 23ff., XI S. 5; Ring, A.G. S. 664ff.), einen Akt der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit aus. Die Ernennung erfolgt nur auf Antrag. Antrags- 
berechtigt sind der Aufsichtsrat oder Aktionäre (auch ein Aktionär), deren Anteile 
mindestens ½0 Grundkapital darstellen und die seit mindestens 6 Monaten Besitzer 
dieser Anteile sind (wegen Aktienmißbrauchs zur Ausübung des Rechtes vgl. 5 318). 
Wie im § 266 Abs. 3 ist der Aktienbesitz als Eigentumsbesitz gemeint und entscheidet 
hierfür das Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber, nicht das zwischen ihnen 
und der Gesellschaft, unbeschadet des Grundsatzes, daß bei Namensaktien nur der 
im Aktienbuch Eingetragene antragsberechtigt ist (vgl. im übrigen Nr. 6 zu § 266). 
Die Ernennung findet nur aus wichtigen Gründen statt (vgl. Nr. 3 zu 5 146). Es 
können ein oder mehrere Liquidatoren, statt vorhandener unter gleichzeitiger Ab- 
berufung (unten Nr. 6) oder neben den vorhandenen, ernannt werden. Das Gericht 
kann zugleich die Vertretungsbefugnis abweichend von der gesetzlichen zufolge §5 298 
Abs. 3 regeln. Für das Berfahren kommt in Betracht: Der Antrag kann schriftlich 
oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers gestellt werden. (D. F.G.G. § 11). Die 
Antragsteller haben ihre Eigenschaft als Aufsichtsrat oder als Aktionäre mit der 
erforderlichen Aktienmasse nachzuweisen und die wichtigen Gründe darzulegen (wegen 
der Feststellung des Tatbestandes und der Beweisaufnahme D. F.G.G. 8§ 12). Hin- 
sichtlich der Dauer des Aktieneigentums genügt Glaubhaftmachung (Nr. 8 zu § 266). 
Da offenbar der Fall unterstellt ist, daß von dem zur Liquidatorenbestellung berufenen 
obersten Gesellschaftsorgane, der Generalversammlung, keine Abhilfe zu erlangen 
war oder zu erwarten ist, erscheint die Gesellschaft als Antragsgegnerin. Deshalb 
ist vor der Ernennung der Liquidationsvorstand, wenn tunlich, zu hören (D. F.G.G. 
§* 146 Abs. 1; Nr. 9 zu § 266). Ist ein Liquidationsvorstand noch nicht vorhanden, 
so entfällt natürlich die Anhörung; der bisherige Vorstand als solcher tritt nicht 
für ihn ein, weil er im Liquidationszeitraume die Gesellschaft nicht zu vertreten hat. 
Liegen die formellen Voraussetzungen vor, so ist über die Ernennung nach sachlichen, 
der Nachprülung vurch die übergeordneten Gerichte unterworfenen Erwägungen zu 
befinden. Die Mitteilung der Entscheidung erfolgt durch Zustellung oder zu Pro- 
tokoll gemäß D. F.G.G. § 16 Abs. 2 und 3 an die Antragsteller und die Gesellschaft. 
Auch ist vom Gerichte den zu Liquidatoren berufenen Personen von der Entscheidung 
Kenntnis zu geben, da das Gericht die Liquidatoren zu ernennen hat. Gegen die 
zurückweisende Entscheidung steht den Antragstellern, gegen die stattgebende der Ge- 
Kuschaft sofortige Beschwerde und sofortige weitere Beschwerde zu (D. F.G.G. §5 146 
Abs. 2, §§ 20, 27, 29 Abs. 2). Eine Verpflichtung, die Stellung als Liquidator zu 
übernehmen, besteht an sich nicht (Kammerger. in Entsch. 7G. VIII S. 270). 
Sind die erforderlichen Liquidatoren nicht vorhanden, so kann das Gericht 
auch auf sonstigen Antrag eines Beteiligten in dringenden Fällen für die Zeit bis 
zur Hebung des Mangels Liquidatoren bestellen (B.G.B. I§. 29, 48 Abs. 1; so 
Staub-Pinner Anm. 8, Kammerger. in Entsch. §#G. III S. 25ff. = Johow.- Ring 
XXIII A 105, a. M. Makower Anm. 1c). 
Lehmann-Ring, Handelsgesetzbuch. II. 2. Aufl. 16 
  
Nr. 4.
	        
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