4. Behördenorganismus des Reiches. 103
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C) Die Admiralität.
Nach Artikel 53 der Reichsverfaesung ist die Kriegsmarine eine
einheitliche und wird der zur Gründung und Erhaltung der Kriegs-
flotte und der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche
Aufwand aus der Bundeskasse bestritten. Die Flotte des norddeut-
schen Bundes wurde aber nicht unter den Oberbefehl und die Ver-
waltung des Bundespräsidiums, sondern unter die Verwaltung und
den Oberbefehl »des Königs von Preussen« gestellt. Infolge dieser
Verfassungsbestimmungen wurden seit Gründung des norddeut-
schen Bundes die für die Kriegsmarine erforderlichen Kosten in
den Bundesetat aufgenommen; es wurden aber für den Oberbefehl
und die Verwaltung keine besonderen Behörden errichtet, sondern
die dafür vorhandenen preussischen Behörden blieben unverändert
fortbestehen, deren Organisation auf dem Erlass vom 16. April
1861 und dem Regulativ vom 30. April 1861| beruhte. Darnach
bestanden zwei gesonderte Behörden: das Oberkommando für
den Oberbefehl, das Marineministerium für die Verwaltung.
Dieser Dualismus der Marinebehörden bestand bis zum Erlasse
vom 15. Juni 1571, welcher bestimmte, dass das Oberkommando
der Marine als gesonderte Behörde aufgehoben und seine Funk-
tionen mit dem Marineministerium vereinigt werden sollten. Aber
auch jetzt blieb die Verwaltung einer rein preussischen Behörde,
dem Marineministerum, während nach der neuen Iedaktion
der Reichsverfassung der Oberbefehl und die Verwaltung der Ma-
sine’ nicht mehr dem Könige von Preussen, sondern dem deut-
schen Kaiser zusteht. Dieser hat aber nur einen verantwort-
lichen Minister, den Reichskanzler, von dessen oberster verantwort-
licher Leitung kein Punkt der kaiserlichen Verwaltung ausge-
schlossen bleiben darf!. Um die ım Erlass vom 15. Juni 1871
liegende staatsrechtliche Anomalie aus der Welt zu schaffen, erging
der Erlass vom 1. Januar 1572, welcher zwar die durch Erlass vom
15. Juni 1871 geschaffene einheitliche Marinebehörde fortdauern
lässt, zugleich aber bestimmt, dass dieselbe von nun an den Namen
»Kaiserliche Admiralität« zu führen und einen Chef zu erhal-
! Graf Bismarck sagte am 2%. September 1867 (Stenogr. Bericht S. 139:
»Ich gebe hiermit die Erklärung ab, dass ich den Bundeskanzler auch für die
Kriegs- und Marineverwaltung dem Reichstage, wie dem Bunde gegenüber für
verantwortlich halte.«