2 Das Reicbsstaatsrecht.
dings durch völkerrechtliche Verträge vorbereitet, welche darauf
gerichtet waren, eine staatliche Gesammtexistenz für das in
den Einzelstaaten enthaltene Volk zu begründen. Mit dem am
1. Juli 1867 erfolgten Inslebentreten des norddeutschen Bundes sind
die völkerrechtlichen Verträge durch Erfüllung erloschen; sie sind
jetzt nur die geschichtliche Grundlage, nicht mehr das immanente,
fortwirkende Princip des Gesammtstaates. »Wo die Verfassung
beginnt, hört der Vertrag aufe! (H. A. Zachariä).
2) Mit dem Inslebentreten eines solchen Gesammtstautes ist
nothwendig eine wahre Staatsgewalt verbunden, welche ilıre
eigenen selbständigen Willensorgane haben muss. Der
staatliche Wille derselben fällt keineswegs zusammen mit dem zu-
samınenaddirten Willen der Einzelstaaten, während sich im blossen
Staatenbunde das Wollen des Bundes mit dem Wollen aller Einzel-
staaten deckt. Im deutschen Reiche würde kein übereinstimmender
Beschluss uller Einzelregierungen, selbst unter Zustimmung ihrer
Landstände, den Willen der Reichsstaatsgewalt ersetzen können,
welcher nur durchı ihre verfassungsmässigen Organe hergestellt wer-
den kann.
3) Das deutsche Reich umfasst nicht einzelne Aufgaben, wie
der Staatenbund, etwa der deutsche Bund von 1815, sondern nimnit
für sich den ganzen Staatszweck in Anspruch. Es ist nach den ein-
leitenden Worten der Reichsverfassung errichtet: »zum Schutze des
lin 1574. Albert Hänel, Studien gum Deutachen Staatsrechte. Frste Studie.
Die vertragsmässigen Elemente der deutschen Heichsrerfassung. Leipzig 1573.
II Tb. 1 Heft. Die organisatorische Entwickelung der deutschen Iteichaverfas-
sung. 18%0. Paul Laband, Das Staatsrecht des deutschen Reiches. B. I. Tü-
bingen 1876. B. UI 1878—1883 (in 3 Abtheilungen!. Werselbo, Das Stanterecht
der deutschen Reiches in Marquardsen’s Handbuch des öffentlichen Rechten.
B. Il. Erster Halbband. Freiburg u. Tübingen 1683. Georg Meyer, Lehrbuch
des deutschen Stantsrecbtes. Leipzig 1875. Philipp Zorn, las Staatsrecht
des deutschen Reicbes. B. I. Leipzig 1880. B. UI. 1583.
Als Materiensammlungen sind zu erwähnen: Glaser, Archiv des nord-
deutschen Bundes. Berlin 1867. Koller, Arcbiv des norddeutschen Bundes und
des Zollvereins. 5 Bde.
Hauptsammelwerk von Materialicn und monograpbischen Aufsätzen iat jetzt:
A. Hirth, Annalen des norddeutschen Bundes, jetzt des deutschen Reiches,
kursweg als Annalen eitirt.
3 (siebe vorbergebende Seite.) Die Literatur über die Stastenverbindungen,
besonders über Staatenbund und Bundesstaat, findet sich oben $ 23 angegeben.
! Am besten drückte dics der Abgeordnete Miqu&l am 19. März 1567 aus
‘:Stenogr. Ber. 8. 2412}: »Die Grundlage der Verfassung ist swar ausdrücklich ein
Vertrag gewesen, aber der Vertrag ging eben dahin, einen neuen Staat zu be-
gründen, diesem Staate eine Verfassung zu geben und sich dann dieser Verfas-
aung zu unterwerfen«,