164 ll. Von den Funktionen der Reichagewsalt.
der Reichsregierung, ausdrücklich vom Reichskanzler, anerkannt
worden (Stenographischer Bericht des Reichstages vom $. Mai 1880
S. 1269). Nur über Ausdehnung und Tragweite dieses Rechtes be-
stehen verschiedene Ansichten. Zunächst ist auf das Motiv zurück-
zugehen, welches bei Gewährung dieser Ausnahmestellung obge-
waltet hat. Es sind hier nicht zolltechnische Gründe, wie bei den
übrigen Zollausschlüssen, sondern volksewirthschaftliche Motive,
welche im Interesse des Handels der Hansestädte diese Ausnahme-
stellung begründeten. Es sollte der grossartige Weltverkehr der-
selben, besonders ihr Zwischenhandel nicht beeinträchtigt, we-
nigstens demselben Zeit gegeben werden, sich in die neuen Verhält-
nisge einzurichten. Entschieden war eine Ausnahmestellung dieser
Art als eine blos vorläufige gedacht, nur sollen die Hansestädte
selbst über den richtigen Augenblick befinden, wo ihr Eintritt an-
gezeigt sei. Es soll ihnen die volle Freiheit der Initiative überlassen
bleiben, man soll abwarten, bis sie selbst ihren Einschluss in den
Zollverein beantragen. Eine Rechtspflicht dies zu thun ist
ihnen nicht auferlegt. Dieses Sonderrecht bezieht sich aber nicht
auf das ganze Gebiet der beiden Staaten, sondern nur auf die
Städte selbst, welche jedenfalls frei bleiben müssen, ausserdem
aber noch auf einen dem Zwecke entsprechenden Berirk ihres
oder des umliegenden {fremden‘ Gebietes. Die Stadtbezirke selbst
darf der Bundesrath nie ohne vorausgegangenen Antrag in das
Zollgebiet hereinziehen (anders steht es mit einer neu hinzugekom-
menen Vorstadt wie St. Pauli), das eigene oder fremde umliegende
Gebiet, welches bis jetzt exemt war, kann der Bundesrath ganz
oder theilweise der Zollgrenze einverleiben. Nur darfer dabei nicht
nach Willkür verfahren, sondern muss stets so viel Gebiet heraus-
lassen, dass der Zweck der Vorschrift, die Erhaltung der Freihafen-
stellung, vollständig erreicht wird. Wenn aber eine der Hanse-
städte ihren Einschluss in das Reichszollgebiet selbst beantragt, so
ist dazu nur ein Beschluss des Bundesrathes, kein Reichsgesetz nö-
thig, denn es handelt sich dabei nicht um Veränderung bestehenden
Rechtes, sondern um Ausführung des grossen Grundsatzes des Ar-
tikel 33, dass Deutschland Ein Zoll- und Handelsgebiet bildet,
von welchem Artikel 31 nur eine vorläufige Ausnahme macht.
Nur wenn beim Zollanschlusse andere in den Bereich der Gesetz-
gebung gehörige Gegenstände neu geordnet werden oder eine Geld-
bewilligung nöthig ist, wird die Zustimmung des Reichstages erfor-
derlich. So ist man im Jahre 1663 mit Lübeck, in neuester Zeit mit