8 Dan Reichssteatsrecht.
wäre ein Rechtsbruch, der alle Grundlagen der Reichsverfassung in
Frage stellen würde, wenn sich ein solcher Akt auch äusserlich in
die Form eines Reichsgesetzes kleiden würde!. Ebensowenig ist
die Reichsgewalt berechtigt, einen Einzelstaat vom Reiche auszu-
schliessen, wie auch keinem Staate der Austritt aus dem Reiche
freisteht.
Anders liegt die Frage, wo es sich um eine rechtmässige
Aufhebung oder Verschmelzung eines der 25 Einzelstaaten handelt.
Die Thronfolgerechte der deutschen Fürsten, welche keineswegs
durch die Reichsverfassung aufgehoben sind, können zu einer sol-
chen Vereinigung verschiedener Staaten unter Einem Herrscher
führen, während eine Theilung der deutschen Staaten aus fürsten-
rechtlichen Gründen nach neuerem Staatsrechte unbedingt ausge-
schlossen ist (S. 233). Würde z. B. eine der beiden mecklenburgi-
schen Linien erlöschen, so würden die beiden Grossherzugthümer
unter Einem Herrscher vereinigt; eben solche Verbindungen von
jetzt bestehenden Einzelstaaten könnten in den stammverwandten
lläusern Sachsen, Reuss, Schwarzburg eintreten. Nach der richti-
gen Ansicht hat die Reichsgewalt bei solchen Ereignissen kein Wort
mitzureden, nicht einmal eine nachträgliche Genehmigung zu er-
theilen, da sie sich ganz innerhalb der landesverfassungsmässigen
Grundsätze abwickeln. Nur über die Rückwirkungen solcher
Ereignisse auf das Reichsrecht hat die Reichsgewalt unter Umstän-
den mitzusprechen. Es kommt dabei alles auf die Art der Vereini-
gung der mehreren, bis jetzt ganz für sich bestehenden Staaten an.
Gar keinen Einfluss auf die reichsrechtlichen Verhältnisse hat eine
neu entstehende Personelunion mehrerer Einzelstaaten, da dabei
die staatsrechtliche Individualität der Staaten unverändert fortbe-
steht iS. 41). Würde z. B. der Grossherzog von Sachsen-Weimar,
nach Erlöschen der albertinischen Linie, König von Sachsen werden,
so würde ein solches Ereigniss auf die Reichsverfassung gar nicht
zurückwirken, wenn beide Staaten in ihrer Selbständigkeit erhalten
würden. Dergelbe Fürst würde als König von Sachsen 4, ala Gross-
herzog von Sachsen-Weimar Eine Stimme führen. Ganz anders lüge
die Sache, wenn unter Zustimmung der verfassungsmäseigen Organe
aus dem Königreich Sachsen und dem Grossherzogthum Weimar
1 So war auch im älteren deutschen Reiche die Aufhebung der geistlichen
Staaten und der meisten freien Reichastädte ein revolutionärer Gewaltakt, wel-
cher nich nur äusserlich in die Form eines Reichsgesetzes, den Reichsschluns
vom 27. April 1603, hüllte,