170 ll. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Ver-
brauchssteuern Sache der Einzelstaaten geblieben.
In dieser Beziehung hat man sich ganz den vorhandenen Zustän-
den des Zollvereines angeschlossen. Darnach besitzen aber nicht
alle Einzelstaaten dies Recht, sondern nur diejenigen, welche das-
selbe bisher, d. h. vor ihrem Eintritt in den norddeutschen Bund
bez. das deutsche Reich besessen haben; denn schon zu Zeiten des
Zollvereines hatten einzelne Staaten ihre Zollverwaltung an Preus-
sen abgetreten, wie z. B. Waldeck und Lippe, andere waren zu einer
gemeinsamen Verwaltung ihrer Steuern zusammengetreten wie die
thüringischen Staaten zum sogenannten thüringischen Zoll- und
Handelsverein (Verträge vom 10. Mai 1833, vom 20. November
1952, vom 27. Juni 1864). An diesen Verhältnissen hat die Ver-
fassung des norddeutschen Bundes und des deutschen Reiches
nichts geändert.
Während auf anderen, zur Kompetenz des Reiches gehörigen
Gebieten das Reich durch eigene Behörden verwaltet, wie z. B. auf
dem Gebiete des Post- und Telegraphenwesens, hat das Reich auf
dem Gebiete des Zollwesens keine eigenen Direktivbehörden, son-
dern überlässt die laufende Zoll- und Steuerverwaltung lediglich
den Landesbehörden, deren Kontrolle es sich vorbehält. Auch steht
den Einzelstaaten selbst die Organisation dieser Behörden zu, wobei
nur gewisse allgemeine, vom Reiche vorgeschriebene Grundsätze
eingehalten werden müssen. Den Direktirbehörden der Einzel-
staaten steht die Befugniss zu, Instruktionen an die untergeordneten
Landesbehörden zu erlassen, doch müssen sich dieselben innerhalb
der Reichsgesetze und der vom Bundesrathe erlassenen allgemeinen
Vorschriften halten.
Die Erhebung und Verwaltung der Zölle findet durch Landes-
behörden, aber nach Maassgabe der reichsgesetzlichen Vorschriften
statt. Damit letztere eingehalten werden, steht dem Reiche eine
umfassende Kontrolle zu. Diese wird durch Beamte ausgeübt,
welche der Kaiser, nach Vernehmung des Bundesrathsausschusses
für Zoll- und Steuerwesen, ernennt. Die den Zoll- und Steuerämtern
beigeordneten sind die Stationskontrolleure, die den Direktivbe-
hörden beigeordneten sind die Reichsbevollmächtigten für Zölle und
Steuern. Diese Reichskontrollbeamten, welche als »Wächter der
Reichsgesetze, als Vertreter der finanziellen und volkswirthschaft-
lichen Interessen des Reichess figuriren, haben keine zwingende
Amtsgewalt, sind in keiner Beziehung Vorgesetzte der Landesbe-