Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

‘. Von der Verwaltung des Reiches. 181 
völkerung, mit welcher sie zu den Matrikularbeiträgen herangezogen 
werden, zu überweisen.« 
In diesen gesetzlichen Bestimmungen liegt eine Verfassungs- 
veränderung, denn nach Artikel 38 und 70 der Reichsverfassung 
soll der gesammte Ertrag der Zölle und Verbrauchssteuern in die 
Reichskasse fliessen, während nach $ 8 des Gesetzes vom 15. Juli 
1879 nur eine fixirte Summe dieses Ertrages in die Reichskasse ge- 
langt, ohne Rücksicht darauf, ob dadurch die Reichsausgaben ge- 
deckt werden. $ 32 des Gesetzes vom 1. Juli 1881 lässt allerdinge 
den ganzen Ertrag der Reichssteuer in die Reichskasse fliessen, 
aber nur zum Scheine, denn derselbe wird nicht zur Bestreitung der 
Reichsbedürfnisse verwendet, sondern läuft nur durch die Reichs- 
kasse hindurch, um sogleich in die Landeskassen überzufliessen. 
Formell besteht die Pflicht der Einzelstaaten zur Leistung von Ma- 
trikularbeiträgen fort, daneben aber auch das Recht derselben auf 
die Ueberschüsse aus gewissen Reichssteuern, wodurch eine gehr 
verwickelte Abrechnung zwischen der Reichskasse und den Landes- 
kassen durch Kompensationen nöthig wird. 
Die Umlegung der Matrikularbeiträge, wie die Vertheilung der 
Ueberschüsse findet nach Maassgabe der sortsanwesenden Be- 
völkerung« statt, ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der- 
selben. Die Ausschreibung der Matrikularbeiträge erfolgt durch 
den Reichskanzler, sie darf aber nur bis zur Höhe des budget- 
mässigen Betrages geschehen. Eine Erhöhung derselben kann 
nur durch eine anderweite Feststellung des Etats erfolgen; dagegen 
ist der Reichskanzler nicht verpflichtet, die Matrikularbeiträge auch 
wirklich bis zur Höhe des budgetmässigen Betrages zu erheben. Er 
kann dieselben unerhoben lassen, wenn andere Einnahmen reich- 
licher fliessen. 
Ausser den Matrikularbeiträgen, welche alle Staaten kraft ihrer 
Zugehörigkeit zum Reiche zu zahlen haben, haben einzelne Stas- 
ten aus besonderen Rechtsgründen noch Abgaben zu leisten. Dahin 
gehören die sogenannten Aversen, welche einzelne Staaten dafür 
zu entrichten haben, dass gewisse Reichssteuern in ihrem Gebiete 
oder einzelnen Theilen desselben nicht erhoben werden (Zollexkla- 
ven). Die Aversen werden so berechnet, dass von jedem Kopfe der 
von der Besteuerung ausgeschlossenen Bevölkerung dieselbe Summe 
gezahlt werden muss, welche von dem Ertrage der Steuer auf den 
Kopf der von der Besteuerung betroffenen Bevölkerung entfällt. 
Davon verschieden sind die erhöhten Matrikularbeiträge,
	        
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