Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

10 Des Reichsstaatarcecht.- 
sein Inhalt mit zwingender Nothwendigkeit als fortgeltend ange- 
sehen werden, besonders da der heutige Mitgliederverlland ein viel 
innigerer ist, als der zu Zeiten des deutschen Bundes. Freilich 
schützt dieser Artikel nur gegen freiwillige Abtretungen, nicht gegen 
Erwerbungen, welche durch das bestehende Thronfolgerecht 
herbeigeführt werden. 
2) Die Aufnahme eines bis jetzt noch nicht zum Reiche ge- 
hörigen Staates als Bundesglied ist zulässig, ohne dass »durch diesen 
Zutritt eines neuen Bundesgliedes die Gründung eines neuen Staa- 
tes erfolgt« oder dass dieser Accessionsvertrag etwa dahin lautet: 
»dass die Kontrahenten in einen neu zu bildenden Staat eintreten 
wollene, wie Zorn unter Hereinziehung des Gesellschaftsprincips, 
aber unter Verkennung des staatlichen Charakters des deutschen 
Reiches, behauptet. Durch Zutritt cines neuen Mitgliedes wird 
kein neuer Staat begründet, sondern nur cine Verfassungsänderung 
in dem in Artikel 1 festgestellten Mitgliederbestande vorgenommen, 
daher die Nothwendigkeit eines Reichsschlusses nach Artikel 78 
Absatz 1 der Reichsverfassung. In dieser Weise ist denn auch Ar- 
tikel 1 der Reichsverfassung bereits abgeändert worden durch das 
Gesetz betreffend die Vereinigung von Elsass und Lothringen mit 
dem deutschen Reiche, vom 9. Juni 1871. $ 1 dieses Gesetzes lau- 
tet: »Die von Frankreich durch den Artikel I des Präliminarfriedens 
vom 26. Februar 1871 abgetretenen Gebiete Elsass und Lothringen 
werden, in der durch den Artikel I des Friedensvertrags vom 10. 
Mai 1871 und dem dritten Zusatzartikel zı diesem Vertrage festge- 
stellten Begrenzung mit dem deutschen Reiche für immer verei- 
nigt«, Dass Elsass-Lothringen nicht als eigentlich selbständiges 
Rundesglied, sondern als sog. Reichsland aufgenommen wurde, 
kann hier keinen Unterschied machen. 
Die Reichsverfassung zählt im Eingange, sowie im Artikel 6 
die im Jahre 1871 thatsächlich vorhandenen Einzelstaaten auf, sie 
sanktionirt aber nirgends einen Rechtasatz, dass gerade diese 25 
Mitglieder in ihrer staatsrechtlichen Individualität unverändert fort- 
bestehen müssten, noch schliesst sie die Möglichkeit aus, dass neue 
Mitglieder in den bestehenden Verband des deutschen Reiches auf- 
genommen werden können. (So besonders Laband, gegen ilın 
Zorna.a. O.
	        
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