Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

Vom deutschen Reiche überhaupt. 13 
gleiche Verpflichtung, ebensowenig wie bei der Berechtigung, die 
quantitative Verschiedenheit der Leistungen nicht ausschliesst. 
Stellung der Kontingente und Leistung der Matrikularbeiträge 
müssen stets nach gleichem Maassstab auferlegt werden. Was 
dem einen recht ist, ist dem andern billig. Sogen. Prägravationen 
sind grundsätzlich ausgeschlossen. Von dieser grundsätzlichen 
Gleichberechtigung machen die sogen. Sonderrechte eine Aus- 
nahme, welche nur einzelnen Bundesgliedern zukommen, nicht allen. 
8 249. 
4) Sonderrechte der Einzelstaaten!. 
Wir bezeichnen diejenigen Rechte, welche nur einzelnen 
Bundesstaaten, nicht allen, im Verhältnisse zur Gesammt- 
heit zukommen, mit dem Namen »sder Sonderrechte«. Die- 
selben zerfallen in zwei Gattungen, die wir als positive und nega- 
tive Sonderrechte bezeichnen können. Die ersteren bestehen darin, 
dass einzelnen Staaten ein über das Durchschnittsmaass hinaus- 
gehender Antheil an der Mitbestimmung des Reichswillens, eine 
weitergehende Betheiligung am Reichsregiment eingeräumt ist, als 
den übrigen nach der allgemeinen Rechtsregel zusteht, während die 
negativen Sonderrechte darin bestehen, dass die Reichsgewalt, ge- 
wissen Einzelstaaten gegenüber, in der Ausübung ihrer JIoheits- 
rechte beschränkt ist, dass sie sich auf gewisse Gegenstände nicht 
erstreckt, welche den anderen Staaten gegenüber zur Zuständigkeit 
der Reichsgewalt gerechnet werden. Nur auf letztere Klasse passt, 
was Laband als Merkmal aller Sonderrechte angiebt, »dass sie auf 
Nichtanwendung der verfassungs- und gesetzmässigen Princi- 
pien beruhen. Zorn bezeichnet sie daher treffend auch als Aus- 
nahmerechte, während man sie gewöhnlich Reservatrechte 
nennt. Die erste Klasse begründet dagegen keine Ausnahmerechte; 
sondern diese positiven Sonderrechte bilden vielmehr ein noth- 
wendiges Glied im Organismus der Reichsverfassung, sie sind orga- 
nischer Natur und nichts weniger als Anomalie, so z. B. das einzig 
dastehende Recht des Einzelstaates Preussen auf das Bundespräsi- 
dium, jetzt das Kaiserthum, welches das wichtigste Fundament des 
ganzen Reichsgebäudes ist. 
! Laband, Staatar. BIS. 113. G. Meyer, $ 164 S.419ff. Zorn, $5 
8.s16. Hänel, Die vertragsmässigen Elemente. 8. 207f. Laband, Der lie- 
gnif der Sonderrechte nach deutschem Reichsrecht, Annalon des deutschen 
Meiches 1874. 8. 1487. F. Löning, Die Sonderrechte der deutschen Stanten 
und die Reichsverfassung. Annalen 1875. S. 337.
	        
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