14 Das Reichsstaatsrecht.
Zu den Sonderrechten erster Klasse gehören:
l. Die eben erwähnten Präsidialrechte der Krone oder des
Einzelstaates Preussen.
2) Das Recht Bayerns auf 6 Stimmen im Bundesrathe, wäh-
rend diesem Staate sonst nach der allgemeinen Regel nur i Stim-
men zukommen würden. Da sonst die Stimmenvertheilung
im Bundesrathe auf einem allgemeinen Princip beruht, wie
unten näher ausgeführt werden wird, so kann dieselbe auch nicht
zu den Sonderrechten der Einzelstaaten gerechnet werden, wie La-
band gegen Löning richtig ausgeführt hat.
3) Das Recht Bayerns und Württembergs auf einen ständigen
Sitz im Bundesrathsausschuss für Landheer und Festungen (Reichs-
verfassung Artikel 86. Württembergische. Militär-Konvention $ 15.
Reichsverfassung, Abschnitt XI. Schlusssatz}. Thatsächlich
dasselbe Recht steht Sachsen zu, aber es hat einen anderen staats-
rechtlichen Charakter.
4) Das Recht Bayerns, Württembergs und Sachsens auf einen
Sitz im Bundesrathsausschuss für die auswärtigen Angelegenheiten,
in welchem Bayern ausserdem zum ständigen Vorsitz berechtigt ist.
5) Das Recht Bayerns auf den Vorsitz im Bundesrathe im Falle
der Verhinderung Preussens (Bayerisches Schlussprotokoll IX).
6) Das Recht Bayerns, dass seine Gesandten bevollmächtigt wer-
den sollen, die Reichsgesandten in Verhinderungsfällen zu vertreten.
Zu den Sonderrechten zweiter Klasse, den Ausnahme- oder
Reservatrechten, gehören folgende:
1) Das Recht Hamburgs und Bremens auf Exemtion von
der Zollgesetzgebung des Reichs, als Freihäfen. (Ueber das Eigen-
thümliche dieses Sonderrechts vgl. unten $ 301. Anmerkung am
Schlusse). nn
2} Das Recht Badens auf Exemtion von der Reichsgesetz-
gebung über Besteuerung des inländischen Bieres und Branntweins
sowie Bezug der aus diesen Steuerquellen fliessenden Einnahmen
(Reichaverfassung Artikel 35). -
3) Folgende Exemtionen Württembergs:
a) das gleiche Ausnahmerecht wie Baden;
b) die Einrichtungen und Verwaltung des Post- und Telegra-
phenwesens und die Einnahme der Post und Telegraphie sind
Württemberg vorbehalten. Ebenso der Erlass der reglementarischen
und Tarifbestimmungen für den inneren Verkehr Württembergs,
sowohl der Post als auch der Telegraphie; desgleichen die vertrags-