®. Das Kriegswesen des Reiches. 257
Veranlassung des Kaisers durch den König von Bayern. Mit dem
Erlasse der Mobilmachungsordre tritt auch für das bayerische Kon-
tingent die Kriegsherrlichkeit des Kaisers in volle Kraft, die in
Friedenszeiten, neben der weitgehenden Militärhoheit des Könige
von Bayern, nicht zum vollen Ansdrucke kommen kann.
9) Zu den militärischen Rechten des Kaisers zählt die Reichs-
verfassung auch die Befugniss des Kaisers, wenn die öffentliche
Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil des-
selben in Belagerungszustand zu setzen (Artikel 68). Obgleich
dieses Recht nicht ohne Oberbefehl über die Armee ausgeübt wer-
den kann, 80 greift es doch weit über den Bereich der Militärhoheit
hinaus, indem dadurch auch der Rechtszustand der nicht zum Heere
gehörigen Bürger, der Behördenorganiemus und selbst die Gerichts-
dert werden. Obgleich mit dem Oberbefehl
über das Heer untrennbar zusammenhängend, muss es doch als das
äusserste Recht der Sicherheitspolizei betrachtet werden ‚B. I
S. 632). Nach der richtigen Auffassung steht dasselbe (mit Aus-
nahme von Bayern) nur dem Kaiser, nicht den Regierungen der
Einzelstaaten zu, da nur der Kaiser berechtigt ist, derartige Befehle
an die Truppenkommandanten zu erlassen, welche den Kriegszu-
stand handhaben sollen, auch die Regierungen der Einzelstaaten
nicht berechtigt sein können, reiehsgesetzliche Bestimmungen, z. B.
die Gerichtsverfassung, auch nur vorübergehend ausser Kraft zu
setzen. ‚So richtig Laband III S. 46 ff. gegen v. Mohla. a. O.
S. 90, v. Rönne B.IS. 87, G. Meyer, Staatsr. S. 494).
$ 332.
Einheit der Militärgesetzgebung.
Nach Artikel 4 Ziffer 14 fällt unter die Gesetzgebung des Rei-
ches »das Militärwesen und die Kriegsmarine«, wobei die oben er-
wähnte Ausnahmebestimmung des Artikel 5 Absatz 2 zu Gunsten
des Bundespräsidiums zur Anwendung kommt: »Bei Gesetzesvor-
schlägen über das Militärwesen und die Kriegsmarine giebt, wenn
im Bundesrathe eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stim-
me des Präsidiums den Aussehlag, wenn sie sich für die Aufrecht-
erhaltung der bestehenden Einrichtungen aussprieht« (B. II S. 66).
Diese einheitliche gesetzgebende Gewalt des Reiches bezieht sich
auf die ganze Kriegsmacht des Reiches, einschliesslich Bayerns,
doch kommen dabei die für die Gesetzgebung bestehenden Be-
schränkungen überhaupt zur Anwendung. Wenn durch ein Mili-
H.8chulse, Deutsches Btasisrecht. Il. 17