Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

9. Das Kriegswesen des Reichen. 259 
führen will. Es konnte die genannten preussischen Vorschriften un- 
zweifelhaft selbet verkündigen oder die Verkündigung den Regie- 
rungen der Einzelstaaten überlassen. Beide Wege sind von dem 
Bundespräsidium eingeschlagen worden; keiner derselben ist ver- 
fassungswidrig, da die Art und Weise der Verkündigung dem Bun- 
despräsidium überlassen ist. 
Während das eigentliche Gesetzgebungsrecht in Militärsachen 
den benden Faktoren, Bundesrath und Reichs- 
tag zusteht, ist darüber vielfach gestritten worden, wem das Ver- 
ordnungsrecht in Militäreachen zukommt, ob dem Bundesrathe, 
dem Kaiser oder dem Kontingentsherrn? Nach dem allgemeinen 
Grundsatze des Artikel 7 Absatz 2 steht dem Bundesrathe das Recht 
zu, »die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemei- 
nen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen zu beschliessen«. 
Es liegt kein Grund vor, dem Bundesrathe auf dem Gebiete des 
Militärwesens dieses Verordnungarecht principiell abzusprechen. In 
fast allen Militärgesetzen ist aber das Recht, Vollzugsverordnungen 
zu erlassen, dem Kaiser übertragen, sodass das dem Bundesrathe 
zukommende Verordnungsrecht meist ausgeschlossen erscheint. Für 
das bayerische Kontingent ist dasselbe regelmässig dem König von 
Bayern überlassen. Durch Artikel 63 ist eine ganze Reihe von 
wichtigen Militärangelegenheiten, die mit dem kaiserlichen Ober- 
befehle zusammenhängen, verfawungsmässig dem kaiserlichen Ver- 
ordnungsrecht unterstellt. Gegen diese Auffassung spricht auch 
keineswegs der letzte Absatz des Artikel 63: »Behufs Erhaltung der 
unentbehrlichen Einheit in der Administration, Verpflegung, Be- 
waflnung und Ausrüstung aller Truppentheile des deutschen Heeres 
sind die bezüglichen künftig ergehenden Anordnungen für die 
preussische Armee den Kommandeuren der übrigen Kontingente 
durch den Artikel 8 Nr. 1 bezeichneten Ausschuss für das Land- 
heer und die Festungen, zur Nachachtung in geeigneter Weise mit- 
zutheilen«. Dieser Satz bestimmt nichts über das Verordnungerecht 
selbst, sondern nur über die Art und Weise, wie kaiserliche Armee- 
verordnungen verkündigt werden sollen. Für die preussische Armee 
und die ihr angegliederten Kontingente erfolgt die Verkündigung 
unmittelbar durch das preussische Kriegsministerium, für diejenigen 
Kontingente, welche eine selbständige Kontingentsverwaltung er- 
halten haben, durch den Bundesrathsausschuss für Landheer und 
Festungen, welcher sie den Kommandeuren zur Nachachtung 
mitzutheilen hat. 
  
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