270 11. Von den Funktionen der Reichsgewalt,
erklärt, wie die württembergische Militärkonvention vom 23./25.
November 1870 und die mit Bayern im Schlussprotokolle des Bünd-
nissvertrages vom 23.November 1870 getroffenen Verabredungen in
Betreff des Militärwesens. Die hierdurch geschaffenen militärischen
Sonderrechte haben als Theile des Reichsrechtes bereits ihre Erwäh-
nung an den betreffenden Stellen gefunden. Hier konımen die übri-
gen Militärkonventionen in Betracht, welche sich innerhalb des Rah-
mens der Reichsverfassung bewegen, und zwar keine Sonderrechte
in reichsrechtlichem Sinne, wohl aber ein militärisches Parti-
kularrecht für die betreffenden Einzelstaaten geschaffen haben.
Die geringe reale Bedeutung der in der Reichsverfassung den
Kontingentsherrn eingeräumten Militärbefugnisse veranlasste gleich
nach Gründung des norddeutschen Bundes die meisten Einzelstaa-
ten, durch Verträge auf ihre Kontingentsherrlichkeit zu verzichten
und zwar zu Gunsten der Krone Preussen, indem sie ihre Kontin-
gente dem preussischen Armeeverbande einverleibten. Zum Ab-
schluss solcher Verträge wurden sie nicht erst durch den oben er-
wähnten Satz des Artikel 66 ermächtigt, sondern es lag die Befugniss,
auf ihre kontingentsherrlichen Rechte zu verzichten, schon von
selbst in ihrer Autonomie. Staaterechtlich wäre nichts dagegen ein-
zuwenden gewesen, wenn ein Einzelstaat nicht zu Gunsten der Krone
Preussen, sondern zu Gunsten eines anderen Staates z. B. des
Königreichs Sachsen verzichtet hätte. Dass dies aber nie geschehen,
ja nicht einmal geplant worden ist, hat seinen guten Grund. Durch
eine solche Uebertragung an einen anderen Staat hätten natürlich
die Befugnisse des Bundesfeldherrn oder Kaisers nicht im geringsten
beeinträchtigt werden dürfen. Es wäre also durch einen solchen
Vertrag nur eine noch grössere Verwickelung der Verhältnisse her-
beigeführt worden, indem dann dreierlei Subjekte der Militärhoheit
geschaffen worden wären : der ursprüngliche Kontingentsherr mit
den ihm etwa noch verbleibenden Rechten, der durch Uebertragung
berechtigte Kontingentsherr und endlich der Bundesfeldherr als
oberster Kriegsherr. Dies wurde vermieden durch vertragsmässigen
Anschluss an die preussische Armee, deren Kontingentsherr zugleich
der Bundesfeldherr bez. Kaiser ist. Vertragschliessende Kontrahen-
ten waren dabei auf der einen Seite die Regierungen der Einzel-
staaten, auf der anderen Seite der König von Preussen, als
solcher, aber immer zugleich in seiner Eigenschaft als Bundes-
feldherr oder Kaiser. Bei beiden Kontrahenten stellte sich das kon-
stitutionelle Recht der Mitwirkung der Volksvertretung verschieden.