300 II. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
sondere Ausbildung erhalten und wird durch die sogenannten
Ehrengerichte gewahrt, welche keinerlei Straf- oder Discipli-
nargewalt haben, sondern nur einen Wahrspruch über das Verhalten
des dem ehrengerichtlichen Verfahren unterliegenden Offiziers ab-
zugeben und daran einen Antrag zu knüpfen haben (Verordnung
vom ?. Mai 1874.
Die Rechte der Offiziere bestehen in dem Anspruch auf militä-
rischen Titel, Rang und Ehrenbezeugungen und die mit der Stelle
verbundenen Geldbezüge, welche als Gehalt bezeichnet werden.
Neben dem eigentlichen Gehalt erhalten die Offiziere noch Servis,
Wohnungsgeldzuschuss, Kommandozulagen u. s. w. Abweichend
von dem Jienstrecht der Civilbeamten ist der Grundsatz, dass die
Offiziere, ebensowenig wie Unterofüziere und Mannschaften, die
Ansprüche auf die geldlichen Bezüge ihrer Stellung im Rechts-
wege verfolgen können. In der Regel werden die Offiziere, wenig-
stens in den unteren Stellungen, nach der sogenannten Ancienne-
tät befördert, doch haben sie rechtlich nie einen Anspruch auf
Beförderung. Die Beendigung des aktiven Offiziersdienstes erfolgt
durch Stellung zur Disposition mit vollem Gehalte oder mit Pen-
sion. Die zur Disposition gestellten Offiziere bleiben im Militärver-
bande und müssen jeder Zeit dem lefehle zum Wiedereintritt in
den Dienst Folge leisten. Die eigentliche Verabschiedung beendigt
dagegen das Dienstverhältniss. Der militärische Titel, sowie der
Anspruch auf Pension verbleiben dem Verabschiedeten, das Tragen
der Uniform muss besonders verstattet werden. Eine Degradation
wie bei Unteroffizieren findet nicht statt, wohl aber ein Verlust des
Offizierstandes zur Strafe. Man unterscheidet dabei drei verschie-
dene Grade, die Entfernung aus dem lleere oder der Marine, die
Dienstentlassung und den schlichten Abschied. Die beiden ersteu
Strafen erfolgen durch einen gerichtlichen Spruch, die letztere
infolge eines ehrengerichtlichen Ausspruches.
5350.
Militär- und Marinebeamte'.
Dahin gehören alle im Heere und in der Marine für das Bedürf-
niss des Heeres oder der Marine angestellten, nicht zum Soldaten-
1 Vergleiche hierüber besonders den Aufsatz von K. lecker, Militärper-
sonen im Sinne der Reichsgesetzgebung. In Goltdammer’s Archiv B. XXVI
(1883 8.81 fi. Die Aufsätze von Hecker sind in einer besonderen Sammlung