Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

304 II. Von den Funktionen der Reichsgewalt. 
den Civilpersonen wesentlich gleichgestellt. Nur in einigen Punk- 
ten finden Abweichungen statt. Als Gerichtsstand des Wohnsitzes 
gilt bei ihnen der Garnisonsort des Truppentheils und, falls dieser 
nicht innerhalb des deutschen Reiches liegt, der letzte Garnisons- 
ort im Inlande. Indessen kommt für diejenigen Militärpersonen, 
welche nur zur Erfüllung ihrer Wehrpflicht dienen, oder wegen 
mangelnder rechtlicher Selbständigkeit einen Wohnsitz zu begrün- 
den unfähig sind, in Ansehung des Gerichtsstandes des Wohnsitzes 
die allgemeine Regel zur Anwendung. Nur können solche Militär- 
personen wegen vermögensrechtlicher .\nsprüche bei dem Gerichte 
des Garnisonsortes belangt werden, weil dieser für sie den Gerichts- 
stand des Aufenthaltsortes bildet. In Kriegszeiten kann das Ver- 
fahren gegen eine Militärperson auf Antrag oder von Amtswegen 
eistirt werden. Gewisse Zustellungen und Ladungen, ebenso die 
Festsetzung und Vollstreckung von Strafen im Civilverfuhren erfor- 
dern die Mitwirkung der Militärbehörde; diese ist auch bei Zwangs- 
vollstreckungen nothwendig. In Betreff des Militäreinkommens ist 
die Pfändung beschränkt. 
b) In allen Strafsachen haben die Militärpersonen ihren beson- 
deren Gerichtsstand. Was das materielle Strafrecht betrifft, eo 
gilt das Militärstrafgesetzbuch für das deutsche Reich vom 20. Juni 
1972 für alle militärischen Verbrechen und Vergehen!: da- 
gegen sind andere strafbare Handlungen der Militärpersonen, wel- 
che nicht militärische Verbrechen und Vergehen sind, nach allgemei- 
nen Strafgesetzen zu beurtheilen, doch sind die allgemeinen Vor- 
schriften des ersten Abschnittes des bürgerlichen Strafgesetzbuches 
von dem Militärstrafgesetzbuche in Einzelheiten abgeändert worden. 
Für das Strafverfahren giebt es noch keine einheitliche reichs- 
gesetzliche Regelung. Es gelten noch nebeneinander drei Straf- 
gerichtsordnungen: für Preussen und die übrigen Staaten mit 
Ausnahme von Bayern und Württemberg die preussische Militär- 
strafgerichtsordnung vom 3. April 1815, für Bayern die Militärstraf- 
gerichtsordnung vom 29. April 1869, neu revidirt durch Gesetz vom 
28. April 1872, in Württemberg findet die Ausübung der Militär- 
gerichtsbarkeit nach Maassgabe der Militärstrafgesetze vom 20. Juli 
schius, Art. »Militärpersonen« in v. Holtsendorff's Rechtslex. 3. II. S. 55. 
Daselbst auch Dochowa.a.O. 8.7 
ı John, »Militärv erbrechenst inv.Holtzendorff’s Rechtelex. B.]l. 
$. 705. Brauer, Handbuch des Militärstrafrechtes /1872'. Keller, Militärstraf- 
gesetzbuch für das deutsche Reich. 2, Aufl. 1673. Fleck, Militärstrafgesetzbuch 
für das deutsche Reich. Berlin 1575.
	        
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