Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

10. Die auswärtigen Angelegenheiten. 337 
Legalisation von Urkunden ihrer Staatsangehörigen im Auslande, die 
Vornahme von Zustellungen in Civilprocesssachen, die Ertheilung 
von Pässen. Die Befugniss zur Vornahme von Eheschliessungen, 
sowie zur Beurkundung von Geburten, Heirathen und Sterbefällen 
steht nur denjenigen diplomatischen Vertretern zu, welchen sie durch 
ausdrückliche Ermächtigung des Reichskanzlers beigelegt worden 
ist. Letztere wird nie der betreffenden Behörde, sondern nur der 
Person des diplomatischen Vertreters beigelegt. 
Der gesandtschaftliche Dienst ist nur wenig durch das Gesetz, 
ausführlich aber durch die meist geheimen Instruktionen der vorge- 
setzten Behörden geregelt; derselbe ist streng centralieirt, der Ver- 
kehr der inländischen Behörden mit den Gesandten und umgekehrt 
muss durch Vermittelung des auswärtigen Amtes erfolgen. Für die 
Ordnung des gesandtschaftlichen Dienstes ist das ältere preussische 
Recht beibehalten, welches noch wesentlich auf der Verordnung 
vom 27. Oktober 1810 über die Veränderung aller Staatsbehörden 
in der preussischen Monarchie beruht. Darnach ist mehr, ale bei 
allen anderen Dienstzweigen, die Leitung dem Staatsoberhaupte, 
also dem Kaiser vorbehalten. Der Gehorsam der diplomatischen 
Beamten ist nicht bloss durch disciplinarische, sondern auch durch 
strafrechtliche Vorschriften möglichst sicher gestellt; $ 353* des 
Reichsstrafgesetzbuchs bestimmt: »Ein Beamter im Dienste des aus- 
wärtigen Amtes des deutschen Reiches, welcher die Amtsverschwie- 
genheit dadurch verletzt, dass er ihm amtlich anvertraute oder 
zugängliche Schriftstücke oder eine ihm von seinem Vorgesetzten 
ertheilte Anweisung oder deren Inhalt Anderen widerrechtlich mit- 
theilt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere 
Strafe verwirkt ist, mit Gefängniss oder mit Geldstrafe bie zu fünf- 
tausend Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft einen mit einer auewär- 
tigen Mission betrauten oder bei einer solchen beschäftigten Beam- 
ten, welcher den ihm durch seinen Vorgesetzten amtlich ertheilten 
Anweisungen vorsätzlich zuwiderhandelt, oder welcher in der Ab- 
sicht, seinen Vorgesetzten in dessen amtlichen Handlungen irre zu 
leiten, demselben erdichtete oder entstellte Thatsachen berichtet.a 
Die an das deutsche Reich abgesandten Vertreter der drei 
ersten Rangklassen überreichen ihre Beglaubigungsschreiben regel- 
müssig dem Kaiser in feierlicher Audienz, die der vierten Klasse 
dem Reichskanzler oder dem auswärtigen Amte. Mit der Ueber- 
reichung des Beglaubigungsschreibens beginnt die amtliche Thätig- 
keit der Gesandten, während die persönlichen Privilegien schon 
H.8chulze, Deutsches Staatsrecht. 11. 22
	        
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