Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

342 II. Von den Funktionen der Reichsgewalt. 
stellt. Bei der ganzen Richtung des vorigen Jahrhuuderts wurde: 
demselben nur eine geringe Pflege zu Theil. Neben dem Glanze 
der vornehmen diplomatischen Welt mit ihrem ausgebildeten Cere- 
monialwesen trat das bescheidene bürgerlich-kaufmännische Kon- 
sulat ganz in den Hintergrund. Das ältere deutsche Reich sandte 
keine Konsuln ab, wohl aber gab es österreichische, preussische, 
hanseatische Konsuln von ziemlich untergeordneter Bedeutung. Zu 
Zeiten des deutschen Bundes wurde das Konsulatwesen zur Kar- 
rikatur, indem selbst die kleinsten deutschen Staaten innerhalb und 
ausserhalb Deutschlands Konsuln anstellten, während der Bund, als 
solcher, weder Konsuln absandte, noch empfing. Erst die Verfas- 
sung des norddeutschen Bundes, jetzt des deutschen Reiches hat 
das deutsche Konsularwesen einheitlich geordnet !Artikel 47 und 
Artikel 56!. Ueberhaupt hat seit dem Anfange dieses Jahrhunderts 
das Konsulatwesen grosse Fortschritte gemacht und wird immer 
mehr in seiner vollen Bedeutung für den internationalen Verkehr 
anerkannt. In der Gesetzgebung und den Verträgen der Staaten 
spricht sich immer mehr ein internationales Rechtsbewusstsein aller 
eivilisirten Völker aus. Bei manchen Abweichungen im Einzelnen 
bilden sich über das Konsulatwesen gleichartige Grundsätze des 
Völkerrechtes in den christlich europäischen Staaten mit Einschluss 
Amerikas aus, während die fremdartige Kulturwelt des Orients auch 
hier ihre Eigenthümlichkeit behauptet. 
Die Konsuln sind Staatsbeamte, welche die Interessen ihres 
Staates und seiner Angehörigen, besonders in merkantiler Beziehung, 
im Auslandezu wahren haben. Darin gleichen sie den Gesandten. 
Die völkerrechtliche Theorie unterscheidet sie aber von diesen durch 
eine bei allen Schriftstellern fast gleichlautend wiederkehrende 
Formel: »l)ie Gesandten sind Organe des internationalen Staaten- 
verkehrs, die Konsuln Organe des internationalen Privatver- 
kehrs.« Diese Formel entspricht aber nicht mehr der modernen 
Entwickelung des Konsulatwesens, wie Zorna.a.O. treffend aus- 
geführt hat. Es ist nicht richtig, wenn man unterscheidet, dass die 
Gesandten die Interessen des Staates, die Konsuln nur die Indivi- 
dualinteressen im Auslande zu vertreten hätten. Alle neueren Ge- 
setze und Verträge verpflichten die Konsuln, auch die Rechte und 
Interessen ihres Staates in dem ihnen angewiesenen Amtsbezirke zu 
vertreten, während die Gesandten sich auch der einzelnen Staatsan- 
gehörigen anzunehmen haben. Allerdings waren früher die Kon- 
suln wesentlich nur für Handelsinteressen berufen, sie konnten
	        
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