Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

26 Das Reichastaatsrecht. 
Voraussetzungen erfüllt werden, welche die Landesgesetzgebung 
feststellen kann; nur darf sie den nicht landesangehörigen Deut- 
schen nicht anders behandeln als den Einheimischen. Besonders 
kann jeder Staat die aktiven staatsbürgerlichen Rechte landesgesctz- 
lich noch an bestimmte Bedingungen binden, z. B. Wahlrecht und 
Wahlfühigkeit an einen Census, an ein bestimmtes Alter u s. w. 
Nur in einem Punkte hat die Reichsgesetzgebung in das Landes- 
recht eingegriffen und die Landesgesetzgebung beschränkt, nämlich 
durch das Gesetz vom 3. Juli 1869, wonach sdie Ausübung der 
staatsbürgerlichen Rechte nirgends im Reiche abhängig gemacht 
werden darf von Voraussetzungen, welche sich auf das Religions- 
bekenntniss beziehen. Alle diese noch etwa bestehenden landesge- 
setzlichen Beschränkungen sind damit ohne weiteres aufgchoben 
und dürfen in Widerspruch mit diesem Gesetze nicht wieder einge- 
führt werden.« In dem bayerischen Schlussprotokolle Nr. II wurde 
ausdrücklich anerkannt: »dass unter der Gesetzgebungsgewalt des 
Bundes über Staatsbürgerrecht nur das Recht verstanden wer- 
den soll, die Bundes- und Staatsangehörigkeit zu regeln und den 
Grundsatz der politischen Gleichberechtigung aller Konfessionen 
durchzuführen, dass eich im Uebrigen diese Legislation nicht auf 
die Frage erstrecken soll, unter welchen Voraussetzungen 
jemand zur Ausübung politischer Rechte in einem Einzelstaate be- 
fugt sei.a In dem Fortbestande des aktiven Staatsbürgerrechts der 
Einzelstaaten zeigt sich recht deutlich, dass Deutschland kein Ein- 
heits-, sondern ein Bundesstaat ist. Der Satz des Artikel 3, dass 
jeder Angehörige des deutschen Reichs in jedem Einzelstaate als 
Inländer zu behandeln oder vielmehr dem Inländer rechtlich gleich- 
zustellen ist, besagt keineswegs, dass jeder Reichsangehörige in 
jedem deutschen Staate, in welchem er sich aufhält, von Rechts- 
wegen Staatsbürger wird. Weder langjähriger Aufenthalt, noch 
Domicil giebt von selbst Staatsbürgerrecht. Der Bayer, der in Bres- 
lau, der Preusse, der in Dresden seinen Wohnsitz genommen hat, 
kann daselbst das Wahlrecht zum deutschen Reiche ausüben, kann 
aber nicht zum preussischen bez. zum sächsischen Landtage mit- 
wählen oder gewählt werden. Darin hat sich durchweg die fort- 
geltende Bedeutung des Staatsbürgerrechtes der Einzelstaaten erhal- 
ten, während die Betheiligung an den Wahlen der Kommunalver- 
bände auch den Angehörigen anderer deutschen Staaten hier und 
da eingeräumt wird. 
Das deutsche Reichsbürgerrecht kann nie selbständig erworben
	        
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