362 U. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
früher eingeführt werden. Artikel 3 der Reichsverfassung das Bun-
desindigenat betreffend) tritt sogleich in Kraft. Die erforderlichen
Aenderungen und Ergänzungen der Verfassung bedürfen der Zu-
stimmung des Reichstagee. Nach Einführung der Reichsverfas-
sung steht bis zu anderweitiger Regelung durch Reichsgesetz das
Recht der Gesetzgebung auch in den der Reichsgesetzgebung in
den Bundesstaaten nicht unterliegenden Angelegenheiten dem
Reiche zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers bedür-
fen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers,
welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt '$ 4).
In dieser Zeit wurde die Verwaltung des Reichslandes zuerst
organisirt. Im Bundesrathe wurde ein besonderer Ausschuss für
Elsass-Lothringen gebildet. Verantwortlicher Minister war der
Reichskanzler, welcher für Elsass-Lothringen eine besondere Ab-
tbeilung im Reichskanzleramt errichtete. Die Organisation der Ge-
richte erfolgte durch das Gesetz vom 14. Juni 1871, wobei das Ober-
handelsgericht an die Stelle des Pariser Kassationshofes trat. Die
Verwaltungsbezirke und Behörden im Lande wurden Jurch das
Gesetz vom 30. December 1671 organisirt. Im Ganzen wurde das
französische Verwaltungsrecht nebst der Organisation der Behörden
beibehalten. Als oberste Spitze der Verwaltung im Lande wurde
ein Oberpräsident eingesetzt, welchem nicht nur die Oberauf-
sicht über die gesammte Landesverwaltung, sondern auch viele
eigene Verwaltungsbefugnisse, auch manche Funktionen übertragen
wurden, welche früher den Ministern zugestanden hatten. Ihm wurde
besonders durch $ 10 des Gesetzes die ausserordentliche Befugnis
beigelegt, bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit alle erforderlichen
Moassregeln zu treffen, namentlich die Rechte auszuüben, welche
Jas französische Gesetz vom 9. August 1849 den Militärbehörden für
den Fali des Belagerungszustandes überweist. Die Verwaltungs-
gerichtsbarkeit des französischen Staatsraths wurde einem aus den
Räthen des Oberpräsidiums gebildeten »kaiserlichen Rathe« in
Elsass-Lothringen übertragen. An die Stelle der Präfekten traten
die Bezirkspräsidenten, an die Stelle der Unterpräfekten die Kreis-
direktoren mit mannigfach erweiterten Amtsbefugnissen.
Auch wurden in dieser Zeit einzelne Bestimmungen der Reichs-
verfassung durch kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bun-
desrathes im Reichslande eingeführt, dies geschah mit den Bestim-
mungen über das Zollwesen, das Post-, Telegraphen- und Eisenbahn-
wesen, ın Betreff der Verpflichtung zum Kriegsdienste. Auch eine