Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

11. Elsaas-Lothringen. 367 
$ 376. 
2) Boichsgasetze und Landesgesetze In Elsass-Lethringen. 
Allerdings kann man auch in Elsass-Lothringen solche Gesetze 
unterscheiden, welche nach den Grundsätzen der Reichsverfassung 
zur allgemeinen Zuständigkeit der Reichsgewalt, und solche, welche 
grundsätzlich in die Sphäre der Einzelstaaten gehören. Gegen- 
ständlich ist dieser Unterschied auch für Elsass-Lothringen vor- 
handen; es werden für dasselbe Gesetze erlassen, welche zur allge- 
meinen Zuständigkeit des Reiches gehören, z. B. über Militär-, 
Zoll-, Handelswesen; es bedarf aber auch solcher Gesetze, welche für 
die Einzelstaaten auf dem Wege der Landesgesetzgebung zu erlassen 
sind, z. B. Gesetze über Unterrichtswesen, Polizei, landwirthschaft- 
liche Verhältnisse u.s. w. Letztere Gesetze werden auch für Elsass- 
Lothringen zur »Landesgesetzgebung«, »zur inneren Gesetzgebung: 
gerechnet, aber für beide Arten von Gesetzen ist die Reichsgewalt 
dieselbe Quelle. Auch die sogenannten Landesgesetze ruhen auf 
der gesetzgeberischen Autorität des Reiches, wenn das Reich fekul- 
tativ auch einen andern Weg der Entstehung zugelassen hat. Alle 
für Elsass-Lothringen erlassenen Gesetze sind Reichsgesetze, mag 
ihr Gegenstand grundsätzlich auch in den Bereich der Einzelstaaten 
gehören. Es sind diese sogenannten Landesgesetze örtliche 
Reichsgesetze im Gegensatz zu den allgemeinen Reichsgesetzen. 
In Elsass-Lothringen bestehen gegenwärtig folgende Formen 
der Gesetzgebung neben einander. Elsass-Lothringische Landes- 
gesetze entstehen: 1) durch Erlass des Kaisers mit Zustimmung des 
Bundesrathes und des Landesausschusses; diese Form wird als die 
regelmässige der Landesgesetzgebung bezeichnet. Hier erscheint 
der Kaiser als der eigentliche Gesetzgeber, Bundesrath und Landes- 
ausschuss nur als mitwirkende konstitutionelle Organe. Dem Kaiser 
steht die Sanktion zu, welcher in voller Freiheit darüber entscheidet, 
ob ein vom Bundesrath und Landesausschuss genehmigter Gesetz- 
entwurf zum Gesetze erhoben werden soll; 2) auf dem regelmässigen 
Wege der Reichsgesetzgebung, wo die Uebereinstimmung von Bun- 
desrath und Reichstag ausreicht und eine besondere Sanktion des 
Kaisers nicht mehr erforderlich ist; 3) durch Erlass des Kaisers mit 
Zustimmung des Bundesrathes. Dies sind die oben erwähnten 
Verordnungen mit provisorischer Gesetzeskraft. Ueber 
die verfassuugsmässigen Voraussetzungen solcher Verordnungen ist 
bereits oben die Rede gewesen.
	        
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