11, Elsass-Lothringen. 369
zosen zu sein. Es fragt sich nur, wer ale Angehöriger dieser Gebiete
zu betrachten sei. Weder der Friedensvertrag, noch der Zusatzver-
trag sprechen sich darüber ausdrücklich aus, sie bestinımen nur,
dass gewissen Kategorien von Personen bis zu einem gewissen Termin
die volle Auswanderungsfreiheit nach Frankreich und damit die
Beibehaltung des französischen Indigenate vorbehalten wird. Nur
so viel geht aus diesen vertragsmässigen Bestimmungen hervor, dass
zu den Angehörigen der abgetretenen Gebietstheile alle Personen
gerechnet werden, welche in Elsass-Lothringen geboren waren,
»individus originnires des territoires c&d£ar, qui seront devenus sujets
allemands«, gleichviel ob sie am 2. März 1871 dort wohnten oder
nicht (natürlich unter der Voraussetzung, dass sie unterdessen kein
anderes Indigenat erworben hatten). Damit sollte aber keineswegs
ausgesprochen sein, dass diejenigen Personen, welche zwar in Elsass-
Lothringen wohnten, aber in andern Theilen Frankreichs geboren
waren, Franzosen geblieben scien. Hier entschied der allgemein au-
erkannte Satz, dass durch Abtretung eines Landestheiles alle darin
domicilirten Startsbürger ihre bisherige Staatsangehörigkeit verlie-
ren. Es gehörten daher zu den Angehörigen des abgetretenen Ge-.,
bietes alle Franzosen, welche in Elsass-Lothringen geboren waren
oder am 2. März 1871 dort wohnten, mit Ausnahme derjenigen,
welche kraft des sogenannten Optionsrechtes bis zum 1. Oktober
1872 erklärten, dass sie ihren Wohnsitz nach Frankreich verlegen
und sich dort niederlassen wollten. Die Personen, welche von die-
sern Optionsrecht keinen Gebrauch machten, wurden am 2. März
1871 Unterthanen des Deutschen Reichs und in diesem Sinne Reichs-
angehörige; vollberechtigte, aktive deutsche Reichsbürger wurden
sie erst mit Einführung der deutschen Reichsverfassung, wodurch
ihnen das wichtigste Recht, die Wahl zum deutschen Reichstag,
erst eingeräumt wurde, während die Einführung des Artikel 3 der
Reichsverfassung nur die Bedeutung hatte, dass die Elsass-Lothrin-
ger im Reiche und die Reichsangehörigen in Elsass-Lothringen als
Inländer zu behandeln waren. (LabandI S. 176 ., Leonia.a.O,.
S. 227.) Seit dem 1. Januar 1874 sind aber die Elsass-Lothringer
nicht bloss Unterthanen, sondern gleichberechtigte Reichs-
crhalten bleiben wirda Artikell der Zusatzkonvention sagt: »Für diejenigen Per-
sonen, welche aus den abgetretenen Gebietstheilen herstammen und sich ausser-
halb Europas aufhalten, wird die durch Artikel II des Friedensvertrags für die
Wahl zwischen der deutschen und französischen Nationalität festgescetzte Frist
bis sum 1. Oktober 1573 verlängert.“
U.8chnlze, Deutsches Stastsrecht. 24