370 IL Von den Funktionen der Reichagewalt,
bürger, welche in reichsrechtlicher Beziehung von den übrigen
Reichsbürgern nicht unterschieden werden können.
Da nach der richtigen Ansicht aber Elsass-Lothringen kein
Staat ist, so kann auch von einer elsass-lothringischen Staatsan-
gehörigkeit keine Rede sein. Die früheren französischen Staatsan-
gehörigen eind seit dem 2. März 1671 nur deutsche Reichsangehörige
und nichts anderes; sie sind im deutschen Reiche die einzigen
Deutschen in abstracto, weil sie keinem konkreten Staatsverbande
angehören. Daran ist durch den Umstand nichts geändert, dass das
Reichsgesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und
Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 durch Gesetz vom 8. Januar
1873 in KEleass-Lothringen eingeführt ist. Allerdings geht dieses
Gesetz davon aus, dass die Bundesangehörigkeit nur durch die
Staatsangehörigkeit in cinem Bundesstaate erworben werden kann
und mit ihr auch wieder verloren geht (B. I. S. 351). Ilier zeigt
sich recht deutlich, dass die Grundsätze der Reichsverfassung und
der Reichsgesetzgebung nur in modificirter Gestalt im Reichsland
angewendet werden können, weil wichtige Voraussetzungen für die
wortliche Anwendung fehlen. Wenn die elsass-lothringischen Be-
hörden einen Fremden als Landesangehörigen in Elsass-Lothringen
aufnehmen, so verfahren sie nach analogen Grundsätzen, wie die
Landesbehörden der deutschen Bundesstaaten in einem solchen
Falle, aber sie machen ihn nicht zum elsass-lothringischen Staats-
bürger, sondern zum deutschen Reichsbürger, der nur dem Reiche,
aber keinem Einzelstaate angehört. Es ist dies eine Anomalie,
aber die ganze Stellung von Elsass-Lothringen ist eben eine ano-
male in dem bundesstaatlichen Bau des deutschen Reiches. Dass
ein eigenthümliches elsass-lothringisches Staatsbürgerrecht nicht
existirt, zeigt sich auch darin, dass das wichtigste Recht des Staats-
bürgers im deutschen Einzelstaat, welches anderen Deutschen als
solchen nicht zusteht, das aktive und passive Wahlrecht zur Landes-
vertretung, in Elsass-Lothringen nicht ein besonderes elsass-lothrin-
gisches Indigenat voraussetzt, sondern jedem Deutschen zu-
steht, welcher seinen Wohnsitz in Elsass-Lothringen
hat. Dagegen kann wohl von einer elsass-lothringischen Lan-
desangehörigkeit die Rede sein, denn Elsass-Lothringen ist ein
Verwaltungsbezirk des Reiches, der zugleich ein Kommunalverband
ist, ganz ebenso wie etwa Schlesien oder die Rheinproviuz, Hanno-
ver oder Schleswig-Holstein im preussischen Staatsverbande. Da
Elsas-Lothringen noch sehr verschiedene Gesetze, Rechte und