Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

2. Der Bundesrath. 57 
Bundesrathe getroffenen Entscheidungen ins Leben geführt werden, 
gehen nach Artikel 17 vom Kaiser und seinen Behörden aus. Tref- 
fend charakterisirte der Abgeordnete Lasker (Reichstag 1870 Ste- 
nogr. Ber. S.122) das Verhältniss: »Ich verstehe den Satz dahin, dass 
der Bundesrath irgendwelche Mängel als vorhandene konstatirt und 
Abhülfe beschliesst und dass diese dann durch das Bundeskanz- 
leramt oder die Beamten des Bundeskanzlers unter der Leitung des 
letzteren erfolgen muss«. Also auch hier ist das Verhältnies zwischen 
beiden Organen so geregelt, dass die Beschlussfassung beim Bun- 
desrathe, die eigentliche Exekution beim Kaiser steht (Seydel, 
Komm. S. 104 fl.). 
2) Ebenso ist das Verhältniss zwischen Kaiser und Bundesrath 
in Betreff einer zu verhängenden Exekution geordnet. Artikel 19 
sagt: »Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmässigen Bundespflich- 
ten nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution ange- 
halten werden. Diese Exekution ist vom Bundesrathe zu 
beschliessenund vom Kaiser zu vollstreckene Auch hier 
hat der Bundesrath die Beschlussfassung, der Kaiser die eigentliche 
Ausführung. Obgleich Artikel 19 der Reichsverfassung den zweiten 
Absatz desselben Artikels der norddeutschen Bundesverfassung 
(ndie Exekution kann bis zur Sequestration des betreffenden Landes 
und seiner Regierungsgewalt ausgedehnt werden«) weggelassen hat, 
so kann doch auch jetzt noch unzweifelhaft die Exekution im äusser- 
sten Nothfalle bis zur Sequestration des betreffenden Landes und 
seiner Regierungsgewalt vorschreiten. In jedem Falle muss aber 
jeder thatsächlichen Exekution durch den Kaiser cin Beschluss des 
Bundesrathes vorausgehen (Seydel, Komm. S. 136 ff.). 
3) Der Bundesrath wirkt mit, sei es im Plenum, sei es durch 
die Ausschüsse, bei der Ernennung gewisser Kategorien von Reichs- 
beamten. Die Ernennung selbst erfolgt durch den Kaiser, Artikel 18, 
derselbe hat aber dazu bald die Zustimmung des Bundesrathes ein- 
zuholen, bald die Präsentation desselben zu berücksichtigen. Es 
kommen hier in Betracht: Die Kontrollbeamten für Zoll- und 
Steuerwesen, die Konsuln, die Mitglieder des Reichsrechnungshofes, 
des Reichsgerichtes, des Bundesamtes für Heimathswesen, der Dis- 
eiplinarkammern und des Disciplinarhofes, der Verwaltung des 
Reichsinvalidenfonds und des Reichsbankdirektoriums (Zorn.a.2.0. 
I, S. 156). 
4) Der Bundesrath hat die Auflösung des Reichstages während
	        
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