66 L Von den Organen des deutschen Reiches.
desrath gelangen. Geschäftsordnung $S&fl. Er ist das Medium,
durch welches der ganze Verkehr des Bundesrathes
mit der Aussenwelt hindurchgehen muss.
Die Bundesrathsbeschlüsse werden in der Regel mit einfacher
Stimmenmehrheit gefasst. «Nicht vertretene oder nicht instruirte
Stimmen werden nicht gezählt«. (Reichsverfassung Artikel 7). Eine
bestimmte Anzahl anwesender stimmender l3evollmächtigter ist zur
Beschlussfähigkeit des Jundesrathes nicht vorgeschrieben. BeiStim-
mengleichheit giebt die Präsidialstimme, d. h. die Stimme Preussens
den Ausschlag. Artikel 7. Wenn auch der bayerische Bevollmächtigte
kraft Substitution den Vorsitz ım Bundesrathe führt, so kann doch
seiner Stimme nie das entscheidende Gewicht der Präsidialstimme
beigelegt werden, welches nicht auf dem Vorsitze im Ihundesrathe,
sondern auf dem IJundespräsidium Preussens beruht. Ausnah-
men von dem Grundsatze, dass die einfache Stimmenmehrheit ent-
scheide, machen folgende Fälle:
t) Veränderungen der Verfassungen erfolgen zwar im Wege
der Gesetzgebung, doch gelten sie als abgelehnt, wenn sie im Bun-
desrathe 14 Stimmen gegen sich haben. Artikel 78 Absatz 1. Dazu
kommt noch die oben näher erörterte Bestimmung Absatz 2 wegen
Beseitigung oder Abänderung der sogenannten Sonderrechte.
2) Es giebt mehrere Fälle, wo ein Bundesrathsbeschluss nur zu
Stande kommen kann, wenn in der Mehrheit der Stimmen auch die
Stimmen Preussens enthalten sind (Artikel 5.. Dies findet statt bei
einem Beschlusse über Gesetzesvorschläge, welche Aenderungen in
den bestehenden Einrichtungen des Militärwesens und der Kriegs-
marine herbeiführen; b) über Gesetzesvorschläge, welche Aende-
rungen im Zollwesen oder in der Besteuerung des im Bundesgebiete
gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres
und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestell-
ten Zuckers und Syrups herbeiführen Artikel 5 und 35); c! über
Vorschläge auf Abänderung der Verwaltungsvorschriften und Ein-
richtungen, welche zur Ausführung der unter b) bezeichneten Ge-
setze, sowie derjenigen gesetzlichen Bestimmungen bestehen, welche
den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten er-
hobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehuug oder die Manss-
regeln betreffen, die in den Zollausschlüssen zur Sicherung der
gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind ’Artikel35und 37‘. Wäh-
rend die Bestimmungen der Reichsverfassung Artikel 5 und 35 sich
auf die gesetzgeberische Thütigkeit des Bundesrathes beziehen,