Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

0 I. Von den Organen des deutschen Reiches. 
Einer besonderen Betrachtung bedarf noch der achte Ausschuss 
(für die auswärtigen Angelegenheiten), welcher der nord- 
deutschen Bundesverfassung unbekannt, erst durch die Verträge 
mit den süddeutschen Staaten in die jetzige Reichsverfassung ge- 
kommen ist, welche Artikel 8 sagt: »Ausserdem wird im Bundes- 
rathe aus den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen 
und Württemberg und zwei vom Bundesrathe alljährlich zu wäh- 
lenden Bevollmächtigten ein Ausschuss für die auswärtigen Ange- 
legenheiten gebildet, in welchem Bayern den Vorsitz führte. Es ist 
dies der einzige Ausschuss, in welchem Preussen weder vertreten 
ist, noch den Vorsitz führt. Dies hängt mit seiner Aufgabe aufs 
engste zusammen; denn er hat nichts gu thun mit der Leitung der 
auswärtigen Angelegenheiten, die nach Artikel I1 der Verfassung 
lediglich dem Kaiser zusteht. Jede Einmischung in dieselbe wäre 
ein Uebergriff in die wichtigste Prärogative des Kaisers. Dieser 
Ausschuss dient nur dazu, um Seitens der Reichsregierung Mitthei- 
lungen über die auswärtigen Angelegenheiten entgegenzunehmen 
und die Ansichten der Einzelstaaten über diese Mittheilungen aus- 
zutauschen. Er ist ein Informationsorgan der Einzelstaaten, 
durch welchesdiese auch ihre Ansichten aussprechen und der Reichs- 
regierung darlegen können. Wie weitdieselben b ht 
sollen, hängt vom Ermessen der Reichsregierung ab; ebenso welche 
Mittheilungen sie diesem Ausschusse machen will und in welchem 
Stadium der Verhandlungen; auch steht es ihr frei, Mittheilungen 
über auswärtige Angelegenheiten, ohne Vermittelung dieses Aus- 
schusses, unmittelbar an das Plenum des Bundesrathes gelangen zu 
lassen. Bei dieser so geringfügigen Zuständigkeit ist gerade dieser 
Ausschuss bis jetzt zu keiner 8 gediehen. 
1 Einen Kommentar für die Stellung dieses Ausschusses giebt Delbrück 
"Reichstag 1870. Stenogr. Ber. 8. 60) : „Je wolter sich der Bund ausdehnt und je 
mehr grössere Staaten ihm beitreten, desto mehr tritt das sachliche Bedürfnies 
vor, dass nicht bloss, wie bisher geschehen ist, durch gelegentliche Mittheilungen 
an die Gesandten und an die im Bundesrathe versammelten Vertreter der Bundee- 
regierungen, sondern in cinem formell geregelten Wege Mittheilungen über den 
Gang der politischen Lage gemacht werden. Es liegt in der Natur der den Aus- 
schüssen des Bundesrathes überhaupt zugewiesenen Funktionen, dass die Instrui- 
rung der Gesandten diesem Ausschusse nicht zufallen kann; er wird seinerseits 
Kenntniss von der Lage der Dinge nehmen und wird in der Lage sein, durch 
diese Kenntniss, durch Anträge, die er an den Bundesrath stellt, durch Bemer- 
kungen, die er dem Präsidium macht, auf die Behandlung der Politik Einfluss 
auszuüben,
	        
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