Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

3. Der Reichstag. 19 
Beschränkung, dass nur diejenigen beiden Kandidaten wählbar sind, 
welche bei der ersten Wahl die relativ meisten Stimmen auf sich 
vereinigt haben. Die engere Wahl ıst vom Wahlkommissar späte- 
stens binnen 14 Tagen nach Ermittelung des Wahlergebnisses anzu- 
beraumen. Ergiebt sich auch bei der engeren Wahl Stimmengleich- 
heit, so entscheidet dasdurch den Wahlkommissar zu ziehende Loos. 
Der Wahlkommissar hat den Gewählten von der auf ihn gefallenen 
Wahl in Kenntniss zu setzen; für Abgabe seiner Erklärung ist ge- 
setzlich eine Frist von acht Tagen festgestellt; bleibt diese Erklä- 
rung binnen dieser Frist aus, so gilt dies ale Ablehnung und wird 
eine Neuwahl nothwendig. Zum Schutze des Wahlrechtes enthält 
das Reichsstrafgesetzbuch mehrere Bestimmungen gegen wider- 
rechtliche Wahlbeeinflussungen {Artikel 107. 105. 109. 339). 
Sonst ist an und für sich eine Beeinflussung der Wähler nicht ver- 
boten, ja ohne eine solche könnten überhaupt keine Wahlen zu 
Stande komınen. Das Recht fragt nie nach den Motiven der Wäh- 
ler, sondern nur darnach, ob die zum Schutze der Unabhängigkeit der 
Wahlen vorgeschriebenen Formen beobachtet sind (Seydel, a.a.O. 
S. 389). Die Wahlberechtigten haben das Recht, zum Betriebe der 
den Reichstag betreffenden Wahlangelegenheiten Vereine zu bilden 
und in geschlossenen Räumen unbewaffnete öffentliche Versamm- 
lungen zu veranstalten. Die Bestimmungen der Landesgesetze über 
die Anzeige der Versammlungen und Vereine, sowie über die Ueber- 
wachung derselben, bleiben dabei unberührt $ 17 des Wahlgesetzes;. 
Wenn der in einem Wahlkreise Gewählte angenommen hat, so er- 
folgt die Verkündigung des Gewählten durch die Wahlkommission. 
Damit ist der so Verkündigte Abgeordneter, wenigstens vorläu- 
fig; »bis zur Ungültigkeitserklärung einer Wahl hat der Gewählte 
Sitz und Stimme im Reichstag« !Geschäftsordnung $ 8 Absatz 1). Die 
definitive Entscheidung über die Endgültigkeit der Wahlen erfolgt 
durch den Reichstag selbst /Reichsverfassung Artikel 27). Proteste 
gegen eine Wahl können bis zum Ablaufe des zehnten Tages nach 
seinem Zusammentritt beim Reichstage angebracht werden, bei 
Nachwahlen bis zum Ablauf des zehnten Tages nach Feststellung des 
Wahlergebnisses (Geschäftsordnung $4). Zur Prüfung der Wahlen 
bestehen zwei Instanzen, die sieben Abtheilungen des Reichstages 
und die volle Versammlung selbst. Jeder Abtheilung des Reichs- 
tages wird eine möglichst gleiche Anzahl von Wahlen zur Prüfung 
überwiesen. Ergiebt sich kein Anstand, eo wird dies durch den Prä- 
sidenten dem Reichstage mitgetheilt; ist die zehntägige Einspruchs-
	        
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