132 Phöhysikalische und chemische Arbeiten bei den Reifeprüfungen.
Pbrsükalische und chemische Arbeiten bei den
Reifeprüfungen.
Berlin, den 15. Februar 1911.
Die in den Reifeprüfungen des Ostertermins 1910 an den
preußischen Realgymnasien und Oberrealschulen angefertigten physi-
kalischen und chemischen Arbeiten sind von den Königlichen Wissen-
schaftlichen Prüfungskommissionen auf meine Veranlassung hin einer
Durchsicht unterzogen worden.
Von den Gutachtern wird im allgemeinen anerkannt, daß die
Leistungen im physikalischen und chemischen Unterricht in den letzten
Jahrzenten erfreulich gestiegen sind. Die gestellten Aufgaben sind
der überwiegenden Mehrzahl nach zweckmäßig gewählt, von den
Prüflingen mit ausreichendem Verständnis gelöst worden und lassen
daher auf einen erfolgreichen und von wissenschaftlichem Geiste ge-
tragenen Unterricht schließen. Man gewinnt aus den vorgelegten
Arbeiten den Eindruck, daß die Schüler, soweit dies an den höheren
Lehranstalten überhaupt erreichbar ist, auf allen Hauptgebieten der
Physik und Chemie mit den grundlegenden Erscheinungen und Gesetzen
befriedigend bekannt gemacht werden und daß sie beim Verlassen der
Schule einen ausreichenden Uberblick über die wichtigeren physikalisch-
chemischen Tatsachen mit ins Leben nehmen oder für das Spezial=
studium auf die Hochschule mitbringen.
Im einzelnen haben aber die Gutachter auch zu manchen,
freilich vielfach von einander abweichenden Bemerkungen Anlaß ge-
funden, auf die, soweit sie mir berechtigt scheinen, im folgenden ein-
gegangen werden soll.
Den verschiedenen Aufgaben, die dem physikalisch-chemischen
Unterricht obliegen (Anleitung zum Beobachten und zur wahrheit-
getreuen Wiedergabe des Wahrgenommenen, Ubermittlung einer Summe
einzelner im Leben verwendbarer Kenntnisse, Einführung in den Zu-
sammenhang der Naturerscheinungen und in das Werden und die
Wege der naturwissenschaftlichen Erkenntnis) entspricht es, wenn in
den Prüfungsarbeiten bald wichtige Erscheinungen und Versuche be-
schrieben bald bekannte Gesetze abgeleitet oder deren Anwendung in
Technik und Wissenschaft dargelegt, bald auch über engere oder weitere
Gebiete ein zusammenfassender Überblick geboten wird. Ich beabsichtige
daher nicht, die Auswahl der Aufgaben zu beschränken und sie, wie
es von mehreren Seiten gewünscht worden ist, ganz in die Hand
der Zentralbehörde zu legen. Denn bei der Vielheit der im natur-
wissenschaftlichen Unterricht mit gleichem Anspruch auf Berücksichtigung
auftretenden Stoffgebiete ist gerade auf der Oberstufe eine gewisse