Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Wer dem Ungelehrten will 
Schreiben, der muß spaßen viel. 
Diesen Grundsatz hatten schon die österreichischen Schwankdichter 
des dreizehnten und vierzehnten, die Nürnberger Possendichter des fünf- 
zehnten und die fahrenden Spielleute aller Jahrhunderte zur Anwen- 
dung gebracht. Und für die Zeiten ver, in und nach der Reformation 
sind es ganz besonders elsässische Satiriker und Humoristen, welche 
durch Witz und Laune die weitesten Kreise entzücken: Sebastian Brant, 
Thomas Murner, Johann Fischart, denen sich im dreißigjährigen 
Krieg J. Moscherosch beigesellt und denen manche andere von gerin- 
gerer Bedeutung zur Seite stehen, wie Bartholomäus Gribus aus 
Strahburg und Jodocus Gallicus aus Ruffach, die sich zu Heidel- 
berg in spaßhaften Universitätsreden auszeichneten (welche 1489 er. 
schienen), oder wie die zahlreichen Verfasser komischer und satirischer 
Flugschriften, z. B. eines Fastnachtsspiels in Versen vom Jahre 1520, 
worin ein Examen neugeworbener Landsknechte vorkommt, das mit 
Falstaffs berühmter Rekrutenwerbung verglichen worden ist. 
Wir besitzen Gedichte eines elsässischen Ritters aus dem fünf. 
zehnken Jahrhundert, der in alter Weise Liebesseufzer ausstößt und 
in den herkömmlichen Formen einer Dame seine Huldigungen dar- 
bringt. Einmal läßt er sich auf der Fahrt nach dem idealischen 
Venu-reich, das — wie solche paradiesische Gegenden pflegen — von 
Wüsteneien, Wildnissen und allerhand Gefahren umgeben ist, durch 
seinen treuen Knappen begleiten. Das ist aber ein irdischer Klotz, 
der wenig Sinn hat für seines Herrn Schwärmerei, er fängt über 
ihn zu spotten an, stößt Flüche aus und kann so plebejische Gefühle 
wie den Hunger nicht unterdrücken, sondern schreit jämmerlich nach 
einem Stück Brot. 
Wir finden uns an Don QOuixote und Sancho Pansa erinnert. 
Die beiden vertreten aber hier den Unterschied zweier Zeiten. Schon er- 
scheint der liebegirrende Ritter als ein verspäteter Nachzügler, und 
die bestimmende Macht auf geistigem Gebiete liegt bei dem hungrigen 
Knappen, dem Repräsentanten des Volkes. Die soziale Voraus-
	        
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