247
seine ersten Erfolge, Nachahmung Ciceros war das höchste Ziel seines
pädagogischen Wirkens.
Wenn er selbst dieses Ziel als gut leben, gut denken, gut
sprechen bezeichnete, so lag doch auf dem Gutsprechen der für ihn
charakteristische Accent. Wenn in den sächsischen Schulen der Re-
formationszeit lateinisch und griechisch nur im Dienste der Religion
getrieben wurden, wenn sie für und hauptsächlich der formalen Bil-
dung des Geistes dienen sollen: so waren sie für Sturm Sellst-
zweck. Seine Schüler sollten lateinisch sprechen können, sprechen
womöglich wie Cicero: weshalb) Darnach wurde nicht gefragt, es
stand außer Frage, daß gewandter lateinischer Ausdruck höchstes Zeichen
feiner Bildung sei.
Natürlich ward das religisse Element darüber nicht vernach-
lässigt. Aber es wurde doch Cicero zu einer Art Nebenbibel erklärt;
was die Bibel für Glaube und Sittlichkeit, das bedeutete Cicero
für die Bildung.
So wenig wir mit dieser humanistischen Einseitigkeit sympathi-
siren können, so wenig vermögen uns Sturms Leistungen als Poli-
tiker ungetheilten Beifall abzugewinnen. Von seinen utopischen
Plänen für den Türkenkrieg (das Lieblingsthema aller politischen
Schriftsteller des sechszehnten Jahrhunderts) sehen wir dabei ganz ab,
um nur den praktischen Staatsmann ins Ange zu fassen.
Bis zum Jahre 1576 war nemlich Sturm neben seinem Rec-
torat fortwährend als Diplomat, sogar als bestellter und bezahlter
diplomatischer Agent verschiedener europäischer Fürsten thätig. Selbst-
verständlich drehen sich seine Geschäfte fast ausschließlich um con-
fessionelle Angelegenheiten.
An allen Bestrebungen für die Ausbreitung des Protestantismus
nahm Sturm den regsten Antheil, aber auch zu allen religiösen
Friedensversuchen bot er die Hand, ob es sich nun um die Einigung
der protestantischen Bekenntnisse unter einander oder um die Ver-
mittlung zwischen Katholiken und Protestanten handelte. Stets suchte
er auch den Katholiken Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Hierin