von diesem Tobias, der aus Colmar nach Straßburg, Speier und
Heidelberg einerseits, nach Schaffhausen und St. Gallen anderer-
seits seinen Weg macht.
Aber Jörg Wickram, der zuerst als Maler in Colmar lebte
und 1554 Stadtschreiber zu Burkheim am Rhein (im Breisgau)
wurde, hat noch eine ganz andere Bedeutung: Jörg Wickram ist der
Vater des deutschen Romans.
Die Lectüre von Prosaromanen war bei unserem Volke seit dem
Anfange des sechszehnten Jahrhunderts im Schwang. Die Volks-
bücher von der schönen Magelone, vom Kaiser Octavian und wie sie
alle heißen, haben sich von jener Zeit an ununterbrochen erhalten und
sind noch heute nicht verschwunden. Zum Theil beruhen sie auf alter
einheimischer Sage, zum Theil sind fie aus Uebersetzungen hervorge-
gangen. Und von den letzteren hat namentlich wieder Straßburg
manche, die aus französischen Quellen geschöpft waren, unserer Littera-
tur zuerst vermittelt. Auch der schöne griechische Reman von Theagenes
und Chariklea ist im Elsaß (1559) übersetzt und viel gelesen worden.
Jörg Wickram nun versucht es zuerst solche Volksromane selb-
ständig zu erfinden, und wenn er sie auch meist in ferne Gegenden
verlegt, um durch das fremdartige Kostüm den romantischen Zauber
zu erhöhen: so sind es doch stets deutsche Gestalten mit deutschem
Empfinden, die er schafft.
Wickram war ein guter Bürger, er war ein guter evangelischer
Christ und war begeistert für das Gedeihen der einheimischen Dicht-
kunst. Er stiftete zu Colmar eine Meistersingerschule, er schloß sich
an Hans Sachs an, er erneuerte ältere deutsche Gedichte. Er war
ohne eigentliche gelehrte Bildung und kannte das classische Alter-
thum nur so weit, als ihm Uebersetzungen den Zugang bazu öffneten.
Er hatte Freude an der Natur, er hatte Freunde an schönen Men-
schen, er war ein gelassener Beobachter und wußte klar und ange-
nehm in gleichmäßigem Fortschritt zu erzählen.
Durch sein Schaffen geht ein ziemlich einheitlicher Zug. Wickram
ist der Familiendichter des deutschen Bürgerthums. Die bärgerliche